Klosterchor und Stadtbibliothek unter einem alten Dach – Verein will mehr als nur erhalten

 

Von Amos Krilles

Bad Windsheim (ak). Bis ins 13. Jahrhundert reicht die Geschichte des ursprünglichen Augustiner-Eremiten Klosters in Bad Windsheim. Ausschließlich der Chor hat die Zeit überdauert und liefert uns heute Einblicke in eine längst vergangene Epoche. Vermutlich noch weitreichendere Einblicke jedoch sind ein Stockwerk höher gelagert. Dort befindet sich die historische Stadtbibliothek mit einer Vielzahl altertümlicher Schriften. Somit sind zwei herausragende Denkmäler unter einem Dach. Dieses besondere Erbe zu erhalten und mit neuem Leben zu erfüllen ist die erklärte Mission des Fördervereins Klosterchor & historische Stadtbibliothek.

Leicht wieder zu erkennen: die Außenansicht des Gebäudes.

Das steinerne Gebäude des ehemaligen Klosters ist unweit des Bad Windsheimer Marktplatzes zu finden. Während man die gesamte Grundfläche des alten Bauwerks nur erahnen kann, ist der Klosterchor nach wie vor existent. Im Jahr 1291 wurde das hiesige Kloster von den Augustiner-Eremiten gegründet und diente daraufhin als Grabkirche für ihre Stifter (die Ritter Gailing zu Illesheim). 1525 hat man das Kloster allerdings aufgelöst und nur der Chor blieb bis heute erhalten. Dies ist einer grundlegenden Umgestaltung um 1615 zu verdanken. Damals wurde entschieden, das Gebäude fortan für die 1559 gegründete Stadtbibliothek zu nutzen. Seit über 400 Jahren befindet sich diese inzwischen unverändert im Obergeschoss des Gebäudes. Der Bestand umfasst circa 5400 Bände: mittelalterliche Handschriften (ab 12. Jh.), Inkunabeln (Wiegendrucke) sowie Drucke aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Größtenteils handelt es sich dabei um Zustiftungen Bad Windsheimer Bürger.

Spezielle Vorhänge schützen die historischen Schriftstücke vor schädlicher UV-Strahlung.

Wer sich selbst einen Eindruck vom Gebäude verschaffen möchte, sollte sich dabei nicht in die Irre führen lassen – insbesondere Auswärtige, welche sich bequem vom Navi lotsen lassen. Regelmäßig landen interessierte Besucher vor der Privathaustüre von Sabine Detsch – unabsichtlich, eigentlich auf der Suche nach dem alten Kloster. Als Vorsitzende des Fördervereins Klosterchor & historische Stadtbibliothek ist ihre Adresse anstelle des tatsächlichen Ortes hinterlegt… „Wie es dazu kommt, weiß ich auch nicht so genau“, erklärt sie lachend. Am besten man orientiert sich als Auswärtiger am Marktplatz, von dort aus sei der Platz dann leicht zu finden, so ihr Rat.

Erste Priorität: Verfall stoppen

Bücher soweit das Auge reicht: Seit über 400 Jahren befinden sich manche der Bände mittlerweile am selben Fleck. Die Regale sind Originale aus dem 16. Jahrhundert.

Ohne das Engagement von Sabine Detsch würde der Verein vermutlich nicht existieren. Ausschließlich Frauen waren an der Gründung im Jahr 2012 beteiligt. Man hätte den damaligen „sehr schlechten“ Zustand des Klosterchores gesehen und sich daraufhin entschieden, aktiv zu werden. Das Ziel: die Sanierung des Klosterchores und der historischen Stadtbibliothek. „Erstmal galt es sicherzustellen, dass das Gebäude nicht verfällt“, so Detsch. Längerfristiges Ziel der Vereinsarbeit sei jedoch auch „kulturelles Leben in die Altstadt zu bringen.“ So soll der Ort längerfristig beispielsweise auch als Location für Kulturveranstaltungen dienen. Aktuell zählt der Verein rund 130 Mitglieder, hauptsächlich aus Bad Windsheim direkt, aber auch dem gesamten Landkreis.

2,8 Millionen Euro geschätzt

Bis die Sanierung vollständig abgeschlossen ist, wird voraussichtlich noch einiges an Zeit verstreichen. Erste Hürden wurden allerdings bereits überwunden und man kommt dem finalen Ziel Stück für Stück näher. In einem Vorprojekt, ausgeführt durch das Architektenbüro „Keim“ aus Nürnberg, habe man nun die geschätzten Kosten für die Sanierung ermitteln können, zeigt sich die Vorsitzende zufrieden. „Das Gutachten dient uns als Planungssicherheit“, erläutert sie. Die geschätzte Summe: 2,8 Millionen Euro.

Finanziell machbar

Ein Großteil der Finanzierung soll mithilfe öffentlicher Gelder erfolgen. Detsch freut sich in diesem Zusammenhang über Rückendeckung von „offizieller“ Seite: „Das Landesamt für Denkmalpflege in München hat den Klosterchor als ,herausragendes Denkmal´ zertifiziert.“ Mit dieser Auszeichnung werde der Dringlichkeit, das Gebäude zu erhalten, zusätzlich Gewicht verliehen.

Doch auch Spendengelder spielen eine entscheidende Rolle. Regelmäßig stellt der Verein kulturelle Veranstaltungen auf die Beine. „In deren Rahmen sammeln wir Spenden und weisen auf den Sanierungsbedarf hin…“ Somit sei auch gleich der Bereich Öffentlichkeitsarbeit abgedeckt, wie Detsch feststellt.

Kreativität und Expertise gefragt

Die Instandsetzung des Bauwerks stellt die Beteiligten vor so manche Herausforderung. Insbesondere was die Bibliothek angeht sind kreative Lösungen gefragt. Etliche Tonnen Bücher und Schriften lasten auf den alten Balken und Mauern. „Wenn wir diese nun entfernen, würde das die gesamte Statik verändern und beeinflussen“, beschreibt Detsch die Problematik. Es drohe die Gefahr eines „großen Schadens.“ Der Plan sei es nun die Bücher einzuhausen, also quasi eine Art „Raum im Raum“ um die Bücherregale herum zu bauen. So sollen diese geschützt werden, wenn die Bauarbeiten im Gange sind.

Im Erdgeschoss müssen die Strebepfeiler befestigt werden, was ebenfalls als schwierig gilt, da das Gebäude teils unterkellert ist.

Ideen gesucht

Trotz aller Herausforderungen sieht Sabine Detsch der Zukunft positiv entgegen: „Ich träume von einem Kulturzentrum nach der Sanierung. Denn nur ein belebtes Denkmal kann auch überleben!“

In diesem Sinne ist der Verein bereits jetzt auf der Suche nach Ideen für eine zukünftige Nutzung.

Von links: Sabine Detsch (Vorsitzende des Fördervereins Klosterchor & historische Stadtbibliothek), Jürgen Boier (Geschäftsleitender Beamter) und Susanne Lang (Stadtarchivarin).

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