124 Jahre froh gesonnen – vom alljährlichen Schlachtfest zum Bauernhofmuseum

Bad Windsheim/Oberntief (ak). Der Trachten- und Geselligkeitsverein Frohsinn zählt zu den ältesten Vereinen Bad Windsheims. Das erklärte Ziel bestand von Anfang an darin, „Geselligkeit zu pflegen“ – heute umfasst die Vereinsarbeit jedoch einiges mehr. Ähnlich dem Fränkischen Freilandmuseum, wird am „Frohsinnshof“ in Oberntief Kultur und Heimatgeschichte des letzten Jahrhunderts erneut zum Leben erweckt – oder zumindest vor dem Zerfall bewahrt.

Außenansicht des Gebäudes.

Wir schreiben den 1. Oktober des Jahres 1875, als man sich in der damaligen Brauerei Rühl einfand, um den Verein „Froshinn“ zu gründen. Auch heute noch ist das jetzige „Gasthaus zum Birnbaum“ offizielles Vereinslokal. Um die Notwendigkeit eines Geselligkeitsvereins nachvollziehen zu können, lohnt sich ein imaginärer Ausflug in die Vergangenheit: kein Radio, kein Fernsehen, kein Kino und von Smartphones oder Tabletts ganz zu schweigen. Wollte man sozialen Anschluss genießen, so war eine Vereinszugehörigkeit durchaus von Vorteil… Wer jedoch keine Lust auf Schützen-, Sport- oder Gesangsverein hatte traf sich eben am Stammtisch in der Kneipe. Aus diesem „Trend“ heraus entstanden damals zahlreiche Geselligkeitsvereine, so auch Frohsinn e.V. Man verfolgte das Ziel „für Vergnügen zu sorgen – nicht nur für Mitglieder, sondern alle Bürger“ erklärt Wolfgang Schmotzer, mittlerweile seit 20 Jahren Vereinsvorstand. In die Praxis umgesetzt wurde die noble Absicht, indem jeder der Anwesenden bei den regelmäßigen Treffen „50 Pfennige in einen Topf warf“. Einmal im Jahr wurde dann bei einem gemeinsamen Schlachtfest ausgiebig zelebriert.

Tracht als Kulturgut erhalten

Die Tracht der Frohsinnler.

Während der beiden Weltkriege wurde der Verein stillgelegt, 1956 jedoch wiederbelebt. Seitdem hat sich viel getan: Mit der Gründung der Trachtengruppe sowie dem Erwerb des Hofes in Oberntief war die Begrifflichkeit „Geselligkeitsverein“ unpassend geworden. Daher nun „Trachten- und Geselligkeitsverein“. 1974 wurde die Trachtengruppe offiziell ins Leben gerufen. Auch hier das Ziel, Kultur und Traditionen zu erhalten. Nachforschungen im Stadtarchiv brachten zu Tage, welche Tracht in Bad Windsheim üblicherweise getragen wurde. Je nach regionaler religiöser Prägung variierte das Erscheinungsbild der Kluft: In den katholischen Gegenden war diese farbenfroh und auffällig, auf evangelischem Territorium stieß man stattdessen eher auf gedeckte Farben und einfachen Schmuck. Letzteres war auch in Bad Windsheim der Fall. Heute sind die lila Westen und dunklen Röcke Markenzeichen der Frohsinnler.

Bald kein Platz mehr…

„Wir sind das kleine Freilandmuseum, sage ich immer…“, so Schmotzer lachend und öffnet dabei die hölzerne Türe des ehemaligen Bauernhauses (Oberntief, Kehrenbergstr. 18). Weshalb der Vergleich, wird bereits im Eingangsbereich ersichtlich. Vitrinen und Bilder zieren die Wände. Links und rechts führen Türen in weitere Räume – authentisch im nostalgischen Stil eingerichtet. Alle Stücke sind original aus vergangener Zeit. Weiter führt eine knarzende Holztreppe nach oben… Das gesamte Wohnhaus ist gefüllt mit bäuerlichen Geräten (Haus, Hof, Feld, Stall…) und allgemeinen Alltagsgegenständen. Weiterhin gibt es beispielsweise Möbel, Kinderwägen, Trachten, Bücher, Werkzeuge, Geschirr, Radios, Waschmaschinen oder Postkarten. Sogar eine vollständige Schusterei ist aufgebaut. Die Exponate wurden über Jahrzehnte hinweg von den Mitgliedern zusammengetragen, vieles aber auch von außen gespendet. Mittlerweile gehe dem Verein tatsächlich der Platz aus.  Deswegen würden neue Stücke nur noch bedingt angenommen.

Von links: Ehrenvorstand Richard Nähr (1969-1999) und Wolfgang Schmotzer (1999-heute).

Herzstück des „Museums“ ist die Scheune – oder besser deren Inhalt… Dort befindet sich eine, in Franken einmalige, „Bulldog“- Ausstellung. Diese umfasst neben 33 Oldtimer-Traktoren auch Erntemaschinen, Pflüge, ein Feuerwehrauto und mehr. Zu den Highlights zählen beispielsweise ein schwarzer Graham aus dem Jahr 1934 oder der 20 PS starke Lanz (Baujahr 1939). Etwa 80 Prozent aller Fahrzeuge seien betriebsbereit, schätzt Emil Stieber, pensionierter Rentner und leidenschaftlicher Vereinsmechaniker.

20.000 Stunden Arbeit

Seit 1985 befindet sich das Anwesen im Vereinsbesitz.

Das Anwesen in Oberntief ist mittlerweile seit knapp 35 Jahren in Vereinsbesitz. 1985 konnte der zuvor 20 Jahre leer gestandene Bauernhof von der Flurbereinigung erworben werden. Damaliger Kaufpreis: 110.000 DM. Weitere 400.000 DM wurden bis zur Eröffnung 1988 für Restaurierungsarbeiten benötigt. Der Dokumentation zufolge wurden bis dahin rund 20.000 Arbeitsstunden von den Vereinsmitgliedern geleistet. Bis heute wurde nie aufgehört zu investieren. Grund für den Kauf war die damalige Situation, dass der Verein bereits historische Gegenstände sammelte, sich die Lagerung jedoch zunehmend schwierig gestaltet hat. Man nutze Privatgebäude, welche „in der ganzen Stadt verteilt waren.“ Es sei kaum noch möglich gewesen, den Überblick zu behalten. Mit den geräumigen Nebengebäuden habe sich der Hof daher optimal angeboten.

Jung in die Zukunft

Wie so ziemlich jeder Verein, sorgen sich auch die Frohsinnler um Nachwuchs. „Als Trachtenverein hat man es nicht leicht…“  Vor allem für Jugendliche sei der Gedanke, eine Tracht zu tragen, im ersten Moment oft abschreckend. Doch bei der Vereinsarbeit, so erklärt Schmotzer, gehe es um weitaus mehr. Zum Beispiel darum „zu sehen, wie Oma gelebt hat“. Man wolle alte Traditionen am Leben halten. Auch der Erhalt des Museums hängt längerfristig von der demographischen Entwicklung des Vereins ab. Aktuell zählt man 140 Mitglieder (hauptsächlich Bad Windsheimer Raum), darunter 40 Aktive. Schmotzer schätzt das Durchschnittsalter auf 65 Jahre. Auch der soziale Aspekt spiele in der heutigen Zeit – in Anbetracht von Smartphone, sozialen Netzwerken und Co – eine entscheidende Rolle. „Echte Beziehungen werden immer weniger.“ Im Rahmen des Vereinslebens können genau solche geknüpft und gepflegt werden. „Wir Frohsinnler wollen eine große Familie sein“, so der 1. Vorstand. Zu den Gemeinschaftsaktionen zählen beispielsweise Auftritte im Fränkischen Freilandmuseum, Wanderungen, Auftritte bei besonderen Anlässen (Stadtfesten etc.) oder Arbeiten im Museum. Jährliches Highlight für die Mitglieder ist das Hoffest, welches in der Regel Anfang Juni veranstaltet wird. Seit über 20 Jahren findet dieses mittlerweile statt.

In die Zukunft blickend verrät Schmotzer, dass man den Namen „Frohsinnshof“ möglicherweise ändern beziehungsweise ergänzen wolle. Oft äußerten sich die Besucher positiv überrascht. Man hätte kaum gewusst was einen erwartet, da sich die Aussagekraft von „Frohsinnshof“ doch recht in Grenzen halte. „Der neue Name mit Zusatz muss deutlich machen, dass wir ein Bauernhofmuseum sind“ – so viel sei gewiss…

Text: Amos Krilles

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