Zwischen Handwerk und Kunst – Einblicke in den Beruf des Bronzegießers

Schweinsdorf (ak). Jeder kennt sie: Lebensgroße Metallfiguren oder sonstige ästhetische Kunstwerke – schwer, groß und aus massivem Guss. Oftmals als Zierde in Parks und an öffentlichen Plätzen zu finden. Bis dorthin ist es allerdings ein langer Weg, dem Betrachter meist nur kaum bis gar nicht bewusst. Umso besser kennt sich dafür Burkhard Moser aus: Der Schweinsdorfer Bronzegießer betreibt sein Handwerk mittlerweile seit mehreren Jahrzehnten. Seine Werke sind sogar in den USA zu finden. Als Künstler und Handwerker zugleich, hält er einen jahrtausendealten Beruf, heute vom „Aussterben“ bedroht, am Leben.

Burkhard Moser bei der Arbeit: In sorgfältiger Handarbeit verpasst er den fertig gegossenen Objekten einen letzten Feinschliff.

Die Kunst des Bronzegießens blickt auf lange Tradition zurück. „Bereits seit rund 6000 Jahren beschäftigen sich Menschen damit“, schätzt Moser, wobei man anfangs ausschließlich mit Kupfer gearbeitet habe – später erst mit Bronze, welche eine Legierung aus Kupfer und Zinn ist. Dass besagte Ausgangsrohstoffe allerdings nur durch „internationalen Handel“ erworben werden konnten, habe dazu geführt, dass mit Aufkommen der Bronzezeit zunehmend auch Handelsnetze entstanden. Das benötigte Kupfer stammte meist aus dem Iran bzw. der Türkei oder Zypern, Zinn hingegen aus Cornwall in England. Die gewonnene Bronze wurde damals in der Regel für die Herstellung von Schmuck und Waffen verwendet. Über alle Zeiten hinweg war der Beruf des Bronzegießers durchaus angesehen. Im Mittelalter entstanden sogar Gießer-Zünfte, zu den berühmtesten zählt hierbei die Familie Vischer aus Nürnberg (Sebaldusgrabmal). Während früher Bildhauerei und Gießerei beruflich nicht getrennt wurden, wird heute meist klar differenziert. „Ich bin Bronzegießer und kein Bildhauer“, macht Moser deutlich. Für „die Gießer“ spiele der künstlerische Aspekt meist eine vergleichsweise größere Rolle… Die Zahl derjenigen, die das ungewöhnliche Handwerk ausüben, sinkt stetig. Bis auf einige „große“ Betriebe, welche dann auch offiziell zum Kunstgießer ausbilden, gibt es in der Bundesrepublik heute kaum noch Gießereien. In der Region sei er der einzige, meint der Schweinsdorfer. Die nächstgelegene Gießerei sei dann erst in Nürnberg oder Aschaffenburg zu finden.

„Mit 17 angefangen“

Der Rohling aus Wachs (rechts) ist vom Aussehen identisch mit der endgültigen Bronzefigur (links).

Moser ist Gießer aus Leidenschaft. Sein Sinn für Kunst gepaart mit handwerklichem Geschick und Fingerspitzengefühl machen ihn zu einem gefragten Anlaufpunkt, wenn es um das Thema Bronzeguss geht. „Mit 17 habe ich mit dem ganzen angefangen“, sagt er. Mittlerweile sind etwa 40 Jahre vergangen… Seine Lehre machte der gebürtige Würzburger in Oberbayern. Nachdem ein Bekannter seine dortige Stelle als Gießer aufgegeben hatte, ergriff Moser die Chance. Doch es sollte nur einige Jahre dauern, bis er feststellen musste, dass ihm die Arbeit doch „zu heftig und zu dreckig“ ist. Ein Berufswechsel stand an. „Ich habe schon immer gern gebastelt und mag das Handwerkliche…“, so sein damaliger Gedankengang und die Idee, „selbst Künstler zu werden“ war geboren. So begann er eine Lehre an der Holzschnitzschule, welche sich nach Abschluss jedoch ebenfalls – im wahrsten Sinne des Wortes – als Holzweg entpuppen sollte. Der junge Kunstschnitzer stellte fest, dass „das nicht unbedingt meins ist.“ Also ging es erneut nach Oberbayern, zurück zur Gießerei. Vor etwa 30 Jahren führte ihn sein Weg schließlich nach Schweinsdorf bei Rothenburg. Seine Werkstatt befindet sich in einer alten unscheinbaren Scheune. Diese allerdings habe dort nicht immer gestanden, auch wenn dem so zu sein scheint, verrät er. Tatsächlich stammt die Scheune ursprünglich aus Oberöstheim. Dort wurde sie von Moser abgebaut, und anschließend nach Schweinsdorf transloziert.

Nahaufnahme der flüssigen Bronze.

Altes Prinzip – moderne Geräte

Besagte Scheune ist heute Geburtsstätte zahlreicher Figuren und Bronzegegenstände – vom wenigen Zentimeter großen Figürchen bis zur meterhohen Skulptur. Alles entsteht dort in mühevoller Handarbeit. „Im Grunde hat sich an dem Beruf im Laufe der Jahrhunderte so gut wie nichts geändert. Das Prinzip ist immer noch dasselbe“, so Moser. Wobei dem natürlich trotzdem so sei, dass manche Arbeitsschritte heutzutage durch moderne Geräte erleichtert würden. Elektrische Metallbearbeitungsgeräte, wie zum Beispiel Flex und Bohrmaschine, leisten dem Künstler treue Dienste. „Früher hätte man das alles mit Hammer und Meißel machen müssen…“ Alle Geräte sind fein säuberlich an ihrem Platz in der Werkstatt verstaut – gerade deshalb passt der „Haufen Betonschutt“ im hinteren Teil der Scheune so gar nicht ins Bild. Doch schnell stellt sich heraus, was es damit auf sich hat. Das von Moser angewendete Verfahren nennt sich „Guss in die verlorene Form“. „Verloren“ daher, da es sich um „Einmalformen“ handelt: Um an das gegossene, ausgehärtete Objekt zu kommen, muss die quaderartige Gips-Schamott Schalung zerschlagen werden. Somit erklärt sich auch der „Schutthaufen“…

Der Schmelzofen.

Viele Schritte notwendig

Burkhard Moser beschäftigt sich seit über 40 Jahren mit dem Thema Bronzegießen.

Doch viele Schritte sind notwendig, bevor es überhaupt soweit ist, dass die Schalung zerschlagen werden darf. Zuerst wird ein Silikonabdruck des zu gießenden Objekts angefertigt (Negativform). In diesen kommt nun flüssiges spezielles Gießerwachs. (Kerzenwachs sei hierfür keinesfalls geeignet, warnt Moser.) Wenn dieses aushärtet, entsteht nun ein Positivabdruck des Originals. Dieser Abdruck wiederum, wird in flüssige Gips-Schamott Masse getaucht, als Schalung dienen einfache „Holzkästen“.  Die zukünftigen Formen landen nun, je nach Größe, für mehrere Tage bei einer Temperatur von 600 Grad in den Ofen. Dadurch härtet das Material, gleichzeitig verbrennt das Wachs im Inneren. Es entstehen Hohlräume, in welche nun die 1200 Grad heiße flüssige Bronze gegossen wird. Nach etwa zwei Stunden können die Blöcke zerschlagen werden und es zeigt sich, ob der Guss gelungen ist. Nun wird der „Rohling“ noch per Hand nachbearbeitet – beispielsweise müssen die Gusskanäle entfernt und Schlieren poliert werden. Bei größeren Figuren kommt sogar das Schweißgerät zum Einsatz, wenn mehrere Teile zusammengefügt werden müssen. Die reine Arbeitszeit für eine lebensgroße Skulptur schätzt Moser auf etwa zwei Wochen.

Lukrativ aber unbeliebt

Auch wenn die Objekte in der Regel hohl sind, bringen sie dennoch ein beachtliches Gewicht auf die Waage. Ebenfalls am Beispiel einer lebensgroßen Figur – diese würde trotzdem ca. 120 Kilogramm wiegen, wie Moser meint. Ein Fakt, den man beim Kauf bedenken sollte – ein schwerer Geldbeutel wäre nun auch nicht verkehrt: Ungeachtet der Arbeitszeit, allein die Kilopreise für Bronze liegen inzwischen bei 12 Euro. Dennoch scheinbar eine Investition, die es vielen Menschen wert ist. In ganz Deutschland sind Bronzeskulpturen aus Schweinsdorf zu finden, eine hat es sogar bis in die USA (St. Louis) geschafft. Das berühmteste seiner Werke ist vermutlich die Max Morlock Figur im Nürnberger Stadion.

Lebensgroße Büste.

Im Gegensatz zu vielen anderen künstlerischen Tätigkeiten könne man vom Bronzegießen gut leben, meint Moser. Er könne nicht über zu wenig Kundschaft klagen. Dennoch sei der Beruf eine stetige Herausforderung. „Das ist harte körperliche Arbeit, anstrengend und dreckig.“ Daher versteht er auch „zu gut“, dass immer weniger Menschen „Lust darauf haben“. Trotzdem geht er nicht davon aus, dass der Beruf in absehbarer Zeit völlig ausstirbt. „Es wird immer einige Betriebe geben.“

 

Text: Amos Krilles

Die flüssige Bronze (ca. 1200 Grad heiß) wird in die Form gegossen.

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