Muschelkalktrockenhänge beherbergen große Tier- und Pflanzenwelt

TAUBERTAL. Viele der landschaftstypischen Muschelkalktrockenhänge im Taubertal und seinen Nebentälern beherbergen eine enorm vielfältige Tier- und Pflanzenwelt. Auf den ehemaligen Weinbergshängen und den alten Hutungsflächen ist die Biotopvielfalt besonders hoch. So sind hier Pflanzenarten wie Kreuz-Enzian, Berg-Kronwicke, Küchenschelle oder zahlreiche Orchideenarten zu finden.

Die typischen Steinriegel entstanden zur Zeit der Nutzung der Hänge als Weinberge. Damals las man die Steine von den bewirtschafteten Flächen ab und legte sie auf die Grundstücksgrenze. So entstanden die mächtigen, länglichen Aufschichtungen von Lesesteinen. Sie fungierten damals als Windschutz und Wärmespeicher für den Wein, der bis zum Ende des 19. Jahrhunderts dort angebaut wurde. Noch heute dienen sie vielen Tierarten wie der Zauneidechse, der Schlingnatter und auch vielen Insektenarten als Unterschlupf- und Überwinterungsquartier.

Nach der Aufgabe der extensiven Nutzungsformen, oft schon vor Jahrzehnten, und der anschließenden Entwicklung von Brachen, hatte die Wertigkeit vieler Biotope stark gelitten. Im Gegensatz zu anderen Landkreisen, in denen es teilweise erhebliche Naturschutzprobleme durch eine Intensivierung von Magerwiesen und Halbtrockenrasen gibt, ist im Main-Tauber-Kreis meist die Nutzungsaufgabe oder die mangelnde Bewirtschaftung der Grund für die Verschlechterung dieser Lebensräume. Deswegen ist es hier wichtig, die Landschaft mit geeigneten Partnern aus der Landwirtschaft zu bewirtschaften und offen zu halten.

„Grünsfeld ist hierfür seit einigen Jahren ein positives Beispiel“, erklärt Landrat Reinhard Frank als Vorsitzender des Kommunalen Landschaftspflegeverbandes Main-Tauber-Kreis e.V. (KLPV). Die Pflege der Grünsfelder Trockenhänge begann 1989 mit der Rodung verschiedener Flächen am Besselberg, Stammberg und Hömberg im Rahmen eines Landesmodellprojektes zur Trockenhangpflege. Die Hänge wurden in den folgenden Jahren regelmäßig gemäht oder beweidet, wodurch wieder eine erhöhte Biodiversität erzielt werden konnte. „Seit der Gründung des KLPV im Jahr 1999 wurden die Arbeiten über den Verband organisiert und fortgeführt, der hier wie auch an vielen weiteren Orten im Kreis segensreiche Arbeit leistet“, erklärt Landrat Reinhard Frank.

Die extensive Beweidung ist eine traditionell übliche Form der Landbewirtschaftung, durch die viele der heute als selten eingestuften Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten über Jahrhunderte entstanden sind. Sie schafft ein Mosaik verschiedener, eng verzahnter Magerrasen und Saumbiotope mit Kleinstrukturen und Störstellen. Deshalb ist sie ökologisch gesehen eine geeignete Bewirtschaftung für mageres und steiles Grünland. Aus diesem Grund ist der KLPV bestrebt, für die freigestellten Flächen stets auch Folgenutzungen mit Tierhaltern zu organisieren. Dies ist in Grünsfeld gut gelungen. So kann man derzeit die vierbeinigen Landschaftspfleger auf den Grünsfelder Gemarkungen bei ihrer Arbeit bestaunen. Durch die Beweidung mit Schafen und Ziegen werden die unerwünschten Aufwüchse von Schwarzdorn, Hartriegel und Robinie klein gehalten und unterdrückt. Zudem tragen Weidetiere zur Verbreitung und zum Eintrag von Diasporen und kleinen Tierarten und somit zur Biotopvernetzung bei.

Viele der gefährdetsten und seltensten Schmetterlings- und Wildbienenarten sind auf eine Beweidung ihrer Biotope geradezu angewiesen, da viele Pflanzen nach einer Beweidung schneller wieder zur Blüte kommen als nach einer Mahd. Für sie ist der extensiv beweidete Magerrasen ein wichtiger Lebensraumtyp, da ihnen viele der dort angetroffenen Pflanzen wie Edelgamander, Aufrechter Ziest, Bunte Kronwicke und Hornklee als Wirtspflanze und Nahrungsquelle dienen.

Ein besonderer Tagfalter, der im Naturschutzgebiet Besselberg und an anderen Trockenhängen um Grünsfeld vorkommt, ist der seltene Kreuzenzian-Ameisenbläuling (Maculinea rebeli). Der Falter ist recht klein und unscheinbar, lebt jedoch in einer komplizierten Beziehung mit bestimmten Knotenameisen (Myrmicinae). Die Eier legt der Schmetterling ausschließlich am Kreuzenzian ab, und die Raupen fressen sich dort erstmal satt, bevor sie von den Wirtsameisen adoptiert werden und sich in deren Nestern zum Schmetterling entwickeln. Hier ist es vor allem wichtig, die Beweidung an die Bedürfnisse der Falter anzupassen und den Kreuzenzian zu bestimmten Zeiten zu schonen, damit die Eier bzw. Jungraupen nicht mitgefressen werden. Dies bedeutet für die Schäfer einen zusätzlichen Aufwand und eine enge terminliche Abstimmung des Weidemanagements mit dem KLPV.

Leider hat sich die wirtschaftliche Situation der Schafhalter in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert. Den Betrieben, die sich dazu bereit erklären, diese schwer zu bewirtschaftenden Flächen zu beweiden, kann im Rahmen des Vertragsnaturschutzes eine flächenhafte Vergütung gezahlt werden. Der Abschluss von Beweidungsverträgen nach der Landschaftspflegerichtlinie ist zwar ein unverzichtbares Standbein für die Betriebe, kann aber in der Regel ihren vollen Arbeitsaufwand nicht ausgleichen.

Die Beweidungsverträge werden mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Main-Tauber-Kreis abgeschlossen. Die Vorbereitung der Verträge und die fachliche Begleitung der Beweidung erfolgt durch den Kommunalen Landschaftspflegeverband. „So ist es möglich, das typische Landschaftsbild des Lieblichen Taubertals mit Steinriegeln, Trockenmauern, Magerrasen sowie Streuobstwiesen zu erhalten und den Lebensraum einiger stark gefährdeter Arten zu sichern“, fasst Landrat Frank zusammen.

Weitere Informationen über die Arbeit des Kommunalen Landschaftspflegeverbandes gibt es unter www.klpv-main-tauber.de. Hier können auch verschiedene Informationsbroschüren heruntergeladen werden.

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