Partnerstädte feierten fröhliches Familienfest

Wertheim. Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez fühlte sich an ein großes Familienfest erinnert: „Alle kennen, alle schätzen und mögen sich. Und das zum Teil seit vielen Jahren.“ Gemeinsam feierten Vertreterinnen und Vertreter der Partnerstädte am Wochenende das große Doppel-Jubiläum: Seit 40 Jahren besteht die Partnerschaft Wertheims zu Huntingdon/Godmanchester, seit 30 Jahren ist die Main-Tauber-Stadt mit Csobánka verbunden. Höhepunkt der Veranstaltung war der Festakt im Arkadensaal des Rathauses. Das Europa der Städtepartnerschaften habe seine besten Zeiten noch vor sich, zeigte sich der OB überzeugt. „Es wird mehr gebraucht denn je.“ Rückblickend erinnerte der Redner kurz an zahlreiche Begegnungen der Partnerschaftsakteure aus Deutschland, England und Ungarn im Lauf der Jahrzehnte. Man dürfe sich aber nichts vormachen, schlug er dann ernstere Töne an. Viele Jahre habe man sich an dem Gedanken erfreut, dass der europäische Friede zum Normalzustand geworden sei. Aus diesem Traum sei man im Februar brutal herausgerissen worden, „und wenn wir ehrlich sind, dann wissen wir noch nicht wirklich mit der Situation umzugehen“. Und schon vorher habe der europäische Gedanke an Zugkraft und Attraktivität verloren. Die Vertiefung der europäischen Integration werde schleichend durch eine stärkere Betonung des Individuums und von Gegensätzen abgelöst. „Finden wir uns damit nicht ab“, appellierte Herrera Torrez. „Ich möchte uns dazu ermuntern, auf kommunaler Ebene eine Vorreiterrolle zu übernehmen, unsere Anstrengungen zu intensivieren, dafür Sorge zu tragen, dass die einmal geknüpften Bande noch stärker werden.“ Bürgermeister Jósef Völgyes sprach in seiner Rede von dem Baum, der bei der Begründung der Partnerschaft in Csobánka gepflanzt wurde. „Seine starken Wurzeln, sein dicker Stamm und sein üppiges Blattwerk sind für uns ein wichtiges Symbol.“ Völgyes erinnerte an das Schicksal der rund 1.300 nach dem Zweiten Weltkrieg aus Csobánka Vertriebenen, von denen mehr als die Hälfte in Bestenheid eine neue Heimat gefunden hatte. Die jungen Leute, „die Blätter des Baumes“, hätten die Aufgabe, die Erinnerungen wach zu halten und der Gegenwart einen Sinn zu geben. Das einzige Mittel gegen Feindseligkeiten und gegenseitige Vorurteile sei es, einander kennenzulernen. David Cole, Bürgermeister von Huntingdon, erzählte, wie er einmal an einer Konferenz in Berlin teilgenommen und dabei zwei Männer kennengelernt hatte, die einst auf den unterschiedlichen Seiten der Mauer lebten. Wo man zuvor vielleicht noch aufeinander schoss, habe man sich nun unterhalten können. „Der einfache Akt, miteinander zu sprechen, lässt Menschen Freundschaften schließen.“ Auch deshalb vertrete er nun seine Stadt in Wertheim: „Weil wir uns kennenlernen möchten. Weil wir einander verstehen möchten. Weil wir Freunde sind und weil wir uns wünschen, dass auch die nächsten Generationen unserer Stadtbewohner Freunde sind.“ Fast drei Generationen nach dem Zweiten Weltkrieg und ohne direkte Erinnerungen an dessen Folgen, verfolgten vom Egoismus geprägte Menschen wieder verstärkt ihre eigenen Interessen. Nationalismus überschatte die wirklichen Probleme der globalen Welt, wie beispielsweise den Klimawandel, kritisierte Richard Taplin, Bürgermeister von Godmanchester. „Wir hier in Europa sollten nie vergessen, wie gut es uns doch geht.“ Nie sei es wichtiger gewesen, nahe und persönliche Beziehungen zu den europäischen Nachbarn zu pflegen, erklärte Taplin. „Denn wir haben ja letzten Endes weit mehr Gemeinsamkeiten als Dinge, die uns trennen.“ Es erfülle ihn mit Stolz und großer Freude, die mehr als 40-jährige Verbindung und Freundschaft mit Wertheim feiern zu dürfen. „Nach einem herzlichen Empfang und Wertheims wunderbarer Gastfreundschaft habe ich mehr und mehr das Gefühl, auch in Wertheim zuhause zu sein. Deshalb möchte ich heute erklären: Ich bin ein Wertheimer“, schloss Taplin. Mit ihrer Unterschrift bekräftigten und erneuerten Oberbürgermeister Herrera Torrez und die Bürgermeister aus Csobánka, Huntingdon und Godmanchester anschließend die Partnerschaftsverträge zwischen ihren Städten. Nach dem gegenseitigen Austausch von Geschenken durch die offiziellen Repräsentanten und Vertreter der jeweiligen Partnerschaftsvereinigungen, folgte ein weiterer emotionaler Höhepunkt des Festaktes. Herrera Torrez zeichnete Klaus von Lindern mit der Stadtmedaille in Silber aus. Der OB würdigte den von der Auszeichnung sichtlich berührten von Lindern dabei als „Ehrenamtler par Excellence“. Partnerschaften würden nicht funktionieren ohne Menschen wie Klaus von Lindern, die sie tagtäglich mit Leben erfüllten. Dieser habe sein einmal gegebenes Versprechen, immer ein Akteur der Partnerschaften zu sein, von Anfang an und bis zum heutigen Tag eingehalten. Die Stadtmedaille in Bronze verlieh das Wertheimer Stadtoberhaupt posthum an den im März verstorbenen Vorsitzenden der Huntingdon&Godmanchester Twinning Association, Malcolm Lyons. Dessen Nachfolger, David Brown, nahm die Auszeichnung stellvertretend entgegen. Der offizielle Teil des Doppel-Jubiläums wurde von den Jagdhornbläsern unter der Leitung von Eberhard Geiger musikalisch umrahmt und endete mit dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Wertheim. Der anschließende gemütliche Teil des Abends war geprägt vom gegenseitigen Austausch von Erinnerungen und neuen Eindrücken.

Bilduntertext Titelfoto: Die Partnerschaftsverträge wurden im Rahmen des Festakts bekräftigt und erneuert. Foto: Stadt Wertheim