„Literatur im Schloss“ auf der Sommerbühne

Katherina Hacker, Gabriele von Arnim und Daniel Schreiber zu Gast im Kurpark

Bad Mergentheim. Die Idee für ein Sommerfestival von „Literatur im Schloss“ war aus der Not geboren – 2020 und 2021 wurde die Reihe durch das allbekannte Virus samt Mutanten aus dem Deutschordensmuseum vertrieben, und der Klanggarten des Kurparks bzw. die Wandelhalle Bad Mergentheim wurden zu zauberhaften Ausweichorten. Weil es den Veranstaltern dort so gut gefallen hat, gibt es im Juli wieder eine Sommerbühne im Klanggarten. In Kooperation mit der Stadt und der Kurverwaltung Bad Mergentheim präsentiert „Literatur im Schloss“ zwei Lesungen mit drei gefeierten Autorinnen und Autoren: Am Mittwoch, 20. Juli, ist Katharina Hacker mit ihrem neuen Roman „Die Gäste“ im Kurpark. Am Donnerstag, 21. Juli, sprechen Gabriele von Arnim und Daniel Schreiber nicht nur über ihre neuen Bücher – „Das Leben ist ein vorübergehender Zustand“ und „Allein“ –, sondern auch über die Verwandlung persönlicher Erfahrungen in Literatur. Beide Abende werden moderiert von Beatrice Faßbender. Katharina Hacker, eine der wichtigen Autorinnen der Gegenwartsliteratur, hat in diesem Frühjahr einen vielbeachteten neuen Roman vorgelegt – am Mittwoch, 20. Juli, um 20 Uhr stellt sie „Die Gäste“ vor. Die Geschichte beginnt mit einer Überraschung: Rechtsanwalt Doktor Kowal eröffnet Friederike das nachgetragene Erbe ihrer Großmutter. Ein Ladenlokal in Berlin unweit der Potsdamer Straße, in dem sich ein Café befindet. So kündigt Friederike mit 50 ihre Stelle am Institut für schwindende Idiome und übernimmt das Café. Unverdrossen übersteht sie die Kontrollen der Gesundheitsämter, die Anschläge von Heckenschützen, den schwarzen Regen, die Ausläufer der Pandemie. Mit der Leichtigkeit einer Jongleurin, schrieb Maike Albath über „Die Gäste“, versetze Hacker verschiedene Wirklichkeitsebenen in Schwingungen und mische Märchenelemente aus der Romantik mit surrealen Elementen. „Ein magischer Roman“, jubelte der Kritiker Björn Hayer. Katharina Hacker, geboren 1967 in Frankfurt am Main, lebt in Berlin und Brandenburg. 2006 erhielt sie den Deutschen Buchpreis für „Die Habenichtse“. 2019 erschienen die bezaubernden Minutenessays „Darf ich dir das Sie anbieten?“ und 2021 das Jugendbuch „Alles, was passieren wird“.

Der 21. Juli – wiederum 20 Uhr im Klanggarten des Kurparks – steht ganz im Zeichen literarischer und autobiographischer Lebenserkundungen. Im Deutschen gibt es keinen guten Begriff für ein Genre, das in angelsächsischen Ländern eine längere und reiche Tradition hat: den „Personal Essay“. Jedenfalls handelt es sich dabei um die essayistische, oftmals auch hochliterarische Reflexion einer Erfahrung, die das Leben einer Autorin oder eines Autors geprägt hat. Mit Gabriele von Arnim und Daniel Schreiber sind am 21. Juli beim Sommerfestival zwei geradezu stilprägende VertreterInnen des „Personal Essay“ in deutscher Sprache zu Gast. Beide schreiben mit einer wunderbaren Schwerelosigkeit über schwierige, schmerzvolle Lebensthemen; und indem sie von ihren eigenen Erlebnissen ausgehend immer größere Kreise ins Literarische, Philosophische, Psychologische oder gar Soziologische ziehen, schafft ihr je persönliches Thema einen großen Hallraum.

Gabriele von Arnims „Das Leben ist ein vorübergehender Zustand“ erzählt von einer Tragödie: Ein Schlaganfall, zehn Tage später der zweite, haben ihren Mann aus allem herauskatapultiert, was er bis dahin gelebt hatte. Und aus ihr wird die Frau des Kranken. Wie liebt und hütet man einen Mann, der an dem Tag zusammenbricht, an dem man ihm gesagt hat, man könne nicht mehr leben mit ihm? Wie schafft man die Balance, in der Krankheit zu sein und im Leben zu bleiben? Gabriele von Arnim, 1946 in Hamburg geboren, Journalistin und Autorin, die lange im SWR-Fernsehen eine Gesprächsreihe moderiert hat, beschreibt in diesem literarischen Text, wie schmal der Grat ist zwischen Fürsorge und Übergriffigkeit, Zuwendung und Herrschsucht. Sten Nadolny nennt das „Das Leben ist ein vorübergehender Zustand“ ein erschütterndes Buch, „aber es ist eine heilsame, eine befreiende Erschütterung, eine hilfreiche, mit der man deutlich weiter kommt als mit aller wohltuenden Erträglichkeit.“ Im Kern sei es eine Liebesgeschichte – „und ein großes Zeugnis“.

Am Anfang von Daniel Schreibers „Allein“ steht eine Diagnose: Zu keiner Zeit haben so viele Menschen allein gelebt, und nie war elementarer zu spüren, wie brutal das selbstbestimmte Leben in Einsamkeit umschlagen kann. Aber kann man überhaupt glücklich sein allein? Und warum wird in einer Gesellschaft von Individualisten das Alleinleben als schambehaftetes Scheitern wahrgenommen? Daniel Schreiber, 1977 geboren, hat eine Biografie über Susan Sontag verfasst, außerdem die beiden Essays „Nüchtern“ und „Zuhause“. In „Allein“ ergründet er das Spannungsverhältnis zwischen dem Wunsch nach Rückzug und Freiheit und dem nach Nähe, Liebe und Gemeinschaft. Dabei leuchtet er aus, welche Rolle Freundschaften in diesem Lebensmodell spielen: Können sie eine Antwort auf den Sinnverlust in einer krisenhaften Welt sein? Ein zutiefst erhellendes Buch über die Frage, wie wir leben wollen.

Die Übersetzerin, Lektorin und Journalistin Beatrice Faßbender moderiert den Abend mit Katharina Hacker, und sie unterhält sich auf der Bühne des Klanggartens mit Gabriele von Arnim und Daniel Schreiber über ihre Bücher, die Form des Essays – und vor allem über das Leben, das zu Literatur wird.

lis

 

Info

Karten für die Lesung mit Katharina Hacker am 20. Juli um 20 Uhr im Klanggarten des Kurparks Bad Mergentheim sowie für den Abend mit Gabriele von Arnim und Daniel Schreiber (21. Juli, 20 Uhr) gibt es bei der Buchhandlung Moritz und Lux, an der Kasse des Residenzschlosses und an der Abendkasse. Bei schlechten Witterungsverhältnissen finden die Lesungen in der Wandelhalle des Kurparks Bad Mergentheim statt.