Jahreshauptversammlung des VLF Dinkelsbühl: „Wir können den Wind nicht ändern, nur die Segel richtig setzen“

Unterwinstetten (je).  Auf zwei nicht gerade einfache Jahre in der Bildungsarbeit blickte die Vorstandschaft des Verbandes haus und landwirtschaftlicher Fachbildung (VLF) Dinkelsbühl um Vorsitzende Ruth Maurer (Wassertrüdingen) im Beisein vieler Ehrengäste zurück. Viele Dinge waren geplant, die erfolgreiche Gartenschau 2019 brachte Rückenwind und dann kam Corona. Es gab Veränderungen im persönlichen Leben und bei Veranstaltungen, die meist nur Online stattfinden konnten. Der von Putin angezettelte Krieg in der Ukraine stellt derzeit einen weiteren Einschnitt dar, der wieder Veränderungen bringen wird. Gabi Herrmann vom Dinkelsbühler Amt für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten nahm die zahlreichen Teilnehmer mit auf ihren Weg auf dem Jakobsweg. Ruth Maurer begrüßte angesichts der Veränderungen die Anwesenden mit dem Zitat „Wir können den Wind nicht ändern, sondern die Segel richtig setzen“. Sie sei sich sicher, dass es künftig beides geben müsse, Präsenzveranstaltungen und Online-Angebote. Veränderungen gab es nach 18 Jahren auch in der Geschäftsführung des mit über 1.100 Mitglieder-starken VLF Dinkelsbühl. Im Rahmen der Verwaltungsreform wechselte Hartmut Schwinghammer ans AELF Weißenburg, Amtschef Wolfgang Kerwagen versieht aktuell die Geschäftsführung kommissarisch. Hauswirtschaft und Ernährung einschließlich deren Sicherheit erlebe seit zwei Jahren eine gewisse Renaissance, wenn auch Corona-geschuldet. Sie freue sich, dass im September in Dinkelsbühl wieder eine Gruppe in der Hauswirtschaftsschule startete. Geschäftsführer Wolfgang Kerwagen vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ansbach (AELF) betonte in seinem Bericht, dass die Fortbildung digitaler geworden und die Örtlichkeit an Bedeutung verloren habe. Wissensvermittlung ist schneller geworden, Onlineportale ersetzen Informationen in schriftlicher Form. Der Geschäftsbericht war in den Jahren 2020 und 2021 geprägt von Absagen wegen Corona, die Teilnehmerzahlen daher niedriger als in den Vorjahren. Zumindest die Felderführungen zu Zwischenfrüchten konnten stattfinden. Online verzeichneten die Themen rund um die Düngeverordnung den meisten Zulauf. 2021 waren zudem eine Halbtagesfahrt und die Mehrtagesfahrt ins Weserbergland. Mit der Aktion „Stadt-Land-Frust – Nein Danke!“ starten Workshops um den Dialog mit der Gesellschaft zu verbessern. 2. Vorsitzender ergänzte den Bericht mit zahlreichen Bildern und Presseberichten von den Aktionen. Kassier Jürgen Reichert (Langensteinbach) konnte für 2020 einen kleinen Verlust und für 2021 ein gutes Polster vermelden. Diese Rücklagen sind notwendig, plane man doch aktuell das 100-jährige Bestehen. Jedes verstorbene Mitglied bedeute einen Verlust für die Familien und den Verband. Erfreut zeigte er sich durch die Neuzugänge aus den Reihen der Teilzeit-Hauswirtschaftsschule. Der Kassenprüfbericht von Roland Zieher (Illenschwang) und Ulrike Fetzer (Hellenbach) stellte dem Kassier eine tadellose Arbeit aus. Die beantragte Entlastung für die gesamte Vorstandschaft wurde einstimmig erteilt. Bezirksrätin Ingrid Malecha und Dinkelsbühls 2. Bürgermeister Georg Piott überbrachten die Grüße der Politik. Beide lobten die Aktivitäten des VLF trotz oder gerade wegen der Widrigkeiten. Aus- und Fortbildung seien unerlässlich. Landwirtschaft verändere sich, Ökologie allein werde es nicht bringen, ist sich Ingrid Malecha sicher, Regionalität beim Einkauf sei entscheidend. Georg Piott ergänzte, dass sich technisch in den letzten 50 Jahren viel verändert habe in der Landwirtschaft. Die Bäuerinnen und Bauern meistern diese Entwicklungen. Jürgen Reichert erhielt für seine Verdienste als langjähriger Kassier das Silberne Verbandsabzeichen des VLF Bayern. Sein Weg nach der Ausbildung zum Landwirt und dem Besuch der Dinkelsbühler
Landwirtschaftsschule führte ihn in eine zweite Ausbildung zum Bankkaufmann. Als Ortssprecher, Kassier in mehreren Vereinen zeige er verschiedentlich ehrenamtliche Verantwortung, so Vorsitzende Ruth Maurer in ihrer Laudatio.

„Mein Weg auf dem Jakobsweg“
Gabi Herrmann, Mitarbeiterin an der Dinkelsbühler Hauswirtschaftsschule berichtete im Hauptreferat über ihren Weg auf dem Jakobsweg 2016. Auslöser waren eine Jakobsmuschel, die sie von einer Schülerin erhielt, das Buch von Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg“ und der Tod ihres Ehemanns nach langer Pflegezeit im Wachkoma. In solchen Ausnahmesituationen und zur Bewältigung der Trauerphase müsse man lernen loszulassen und Geschehenes zurückzulassen. Sich auf den Weg zu machen bedeute sich Zeit zu nehmen. Viele, die auf den Pilgerwegen unterwegs sind, haben einen Grund sich aufzumachen. Jakobswege gebe es genug, alle enden in Santiago de Compostella.
Begleitet von ihrer Tochter startete sie in Bilbao und nahm den Camino del Norte, den Küstenweg. In 30 Etappen legte sie 660 Kilometer zurück. Eine richtige Vorbereitung gehe beim Packen los. Gewicht sparen sei die Devise, schnelltrocknende Microfaser unerlässlich. Was einen erwartet, kann man nicht vorhersehen. Übernachtungsmöglichkeiten sind begrenzt, rechtzeitiges Eintreffen daher wichtig. Schlafsäle mit 50 Betten und drei Duschen wechseln sich mit kleinen Unterkünften ab. Die ein oder andere Nacht verbrachte sie auch vor einer Kirche. Auch den Laufrhythmus zu finden, sich auf unterschiedliche Straßenbeläge einzustellen und Widrigkeiten wie Blasen oder Insektenstiche zu überwinden, gehören zum Jakobsweg. Gabi Herrmann berichtete von „kleinen Geschenken“ am Wegrand, wie Blumen oder Tiere, die leichte Brise am Meer oder die grandiose Aussicht. Laufen helfe, Ballast abzuwerfen, nachzudenken. Begegnungen mit Menschen, die trotz Verständigungsschwierigkeiten ein besonderes Gefühl der Gemeinsamkeit geben, eröffnen Horizonte. Nachdem ihre Tochter Anna wie geplant nach zwei Wochen die Heimreise antrat, bildeten sich neue oft internationale Gruppen. Es sei so, so die Ausführungen, dass sich die Gruppen immer neu finden, da jeder sein eigenes Tempo gehe. Nicht selbstverständlich sei, dass man tatsächlich in Santiago ankomme, aber stolz sei man doch, es geschafft zu haben. In der Kathedrale treffen sich Pilger aus aller Welt, die auch verschiedene Routen des Jakobsweges laufen. Ausblickend stellte die Vorstandschaft fest, dass zum einen im September wieder eine 4-Tagesfahrt stattfinde, die heuer an die Mosel und nach Luxemburg führen wird. Für das 100jährige Bestehen der Landwirtschaftsschule und des VLF laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Geplant sei eine ganze Veranstaltungsreihe beginnend im November am Tag der Schulgründung im Jahr 1922. 3. Vorsitzender Gerhard Krieger dankte allen, die sich für den VLF
einbrächten und schloss die Veranstaltung.

Bericht und Foto: Jürgen Eisen