„Wohlwollend durchs Leben gehen“ – Freiherr Knigge

„Erfolgsfaktor Wertschätzung – mehr miteinander reden!
Vortrag von Moritz Freiherr Knigge

Bad Mergentheim (BT). Im Rahmen des Neujahrsempfanges der Stadt Bad Mergentheim sprach Moritz Freiherr Knigge über die kleinen Freundlichkeiten des Lebens, die uns allen gut tun. Moritz Freiherr von Knigge ist ein direkter Nachfahre des berühmten Knigge, der von 1757 bis 1796 gelebt hat. Seine Grundlagenhinweise für das menschliche Miteinander formulierte er 1788 in dem kleinen Buch „Wie gehen Menschen miteinander um.“ Moritz Freiherr Knigge dementierte, dass sein Vorfahr Knigge sich mit der Sortierung von Bestecken und Gläsern beschäftigt habe. Vielmehr sei es ihm um das Miteinander von Mensch zu Mensch gegangen. Ganz in dieser Tradition fasste der Gastredner und Unternehmensberater Knigge das kleine Alphabet der Freundlichkeit zusammen. Er berichtete, dass sich 90 % der Deutschen mehr Freundlichkeit und Höflichkeit im Umgang miteinander wünschten. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen lässt sich belegen, dass die deutsche Wirtschaft jährlich 105 Milliarden Euro durch nachlässige Umgangsformen verliert. Als Beispiel nannte er einen Chef, der nicht grüßt. Wenn dieser nur fünf Mitarbeiter habe und diese sich täglich nur 15 Minuten darüber enttäuscht erörtern würden, sei das in einem großen Unternehmen ein nennbarer Verlust an Arbeitskraft. Natürlich sei man niemals selbst schuld, so Knigge weiter. Das Problem seien immer die „Anderen“. Mit dieser Art von „Denke“ würde sich aber auch in Zukunft nichts ändern, denn „Andere“ zu ändern, ist ja bekanntermaßen ziemlich schwierig. Jedoch sich selbst zu beobachten und zu verändern – das sei möglich. Bildhaft stellte er die Menschen mit einem großen Heiligenschein dar und seinen humorvollen Griff an die eigene Nase führte er noch weiter aus. Denn Knigge meinte, dass sich in der Nase ein Schalter befinden würde, mit dem sich der Heiligenschein ausschalten ließe und damit eine Selbstbetrachtung und die Wahrnehmung der eigenen Marotten wieder möglich würde.

Selbstironisch berichtete er von seiner Fähigkeit, Spülmaschinen effektiv einzusortieren und seiner Expartnerin, die er als Spülmaschinen-Punk bezeichnete. Seine jahrelange Verzweiflung über die Unbeirrbarkeit seiner chaotisch einräumenden Frau konnte er erst heilen, als er ein Erlebnis in einer Drogerie hatte. Eine fröhlich strahlende Verkäuferin an der Kasse ignorierte die Unfreundlichkeit eines Kunden. Selbst als dieser Kunde die Drogerie verließ, rief sie ihm noch „einen wunderschönen Tag“ nach. Als dieser nicht reagierte, drehte sie sich um und kommentierte nur leise: „Schade er hat mich wohl nicht mehr gehört.“. Die Essenz, die Moritz Knigge daraus zog, ist unsere Entscheidungsfreiheit, wie wir die Situation bewerten. Und diese Bewertung können wir beeinflussen. Gelassenheit, den Fehlern, den Verhaltensmustern und den Ansichten anderer Menschen gegenüber kann da sehr viel helfen. Wohlwollende Gelassenheit helfe uns, den eigenen Ärger aus Bewertungen, Verurteilungen und Verletzungen besser in unser Leben einzusortieren. Knigge akzeptierte auf Grund des Erlebnisses in der Drogerie den Spülmaschinen-Punk in seinem Leben, weil er sich selbst als Spülmaschinen-Spießer entlarven und wahrnehmen konnte. Das wohlwollende Betrachten der Situation machte ihn einfach entspannter. Der Transfer in den allgemeinen Verhalten-Codex ist leicht zu machen, denn jeder Mensch hat Fehler, Ecken und Kanten, von denen er sich wünscht, dass andere sie mit Wohlwollen betrachten. Es liegt in unserer Hand, wie wir uns entscheiden. Eine unfreundliche Provokation auch beim Autofahren können wir mit Wut, Zorn und Schimpfen oder mit wohlwollender Gelassenheit betrachten. Auf sein Recht zu bestehen, ist nicht immer die beste Lösung. Verständnis für eine menschliche Unachtsamkeit reduziert den eigenen Adrenalin-Pegel/Blutdruck.

Auch das Aufbrausen kann die erlebte Situation nicht mehr ändern. Hierzu schilderte Knigge eine Begebenheit aus einem seiner Seminare: Es ging um einen Chef, der zum lauten Sprechen neigte. Aus der Rückmeldung entwickelte der Unternehmer eine positive Strategie. Er bat die Mitarbeiter den Raum zu verlassen, wenn es ihm wieder passierte. Allein im Besprechungszimmer zu stehen, hilft sich zu verändern – war das Resümee.

Moritz Knigge berichtete auch aus seiner Beratungswelt, was das Thema Kommunikation über eMails betrifft. Schriftliche Kommunikation sei noch viel differenzierter zu betrachten als mündliche Aussprachen. Ein Brief, eine eMail, die gesendet wurde, lässt sich nicht mehr zurückholen. Das sollte uns wachsam machen. Auf jeden Fall tue es gut, sofort eine gepfefferte Antwort zu formulieren –aber bitte darüber schlafen, oder wenigstens vor dem Absenden noch einmal lesen, das ist seine Empfehlung. Manches lässt sich am Telefon oder im persönlichen Gespräch ganz anders regeln. Es ist nicht immer ratsam, seine typisch deutsche Ehrlichkeit oder Authentizität zu beweisen. Mit wohlwollendem Ansatz lässt sich das Meiste besser regeln. Überhaupt ist es nach Moritz Freiherr Knigge viel entspannter, wenn wir die negativen Antworten auf die Frage „Wie geht es Ihnen?“ charmant abfedern. „Gut – vielen Dank der Nachfrage und ich hoffe es geht Ihnen auch gut!“ ist sein Vorschlag. Eine weiche Floskel kann helfen, das Miteinander im Sinne von „Ich bin ein Mensch – Du bist ein Mensch!“ positiver zu gestalten. Seine Rheinländer-Einstellung: „Jeder Jeck ist anders!“ habe ihm oft sehr geholfen. Negative, bewertende Gedanken kann jeder bei sich entdecken. Aber jeder darf und kann entscheiden, ob er sie weiter verfolgt. Lieber drei Mal am Tag ein Kompliment gemacht oder auch ehrlich angenommen, wie negatives Gedankengut gepflegt. Der mit Humor gespickte Vortrag war leicht verständlich und gab jedem der Zuhörer, des bis zum letzten Platz besetzten Bad Mergentheimer Kursaales, gute Ideen für Wertschätzung und ein positives Miteinander. Liebevoller Respekt im Umgang ist eine Ursache, die immer wieder positiv zurückkommt.

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