Wertheim als Standort einer Fernhochschule?

Wertheim. Zum zweiten Mal hatte die Stadt Wertheim die Unternehmer zum Thema „Ansiedlung einer Hochschule“ eingeladen. War es im Juni die Hochschule IMC Krems, die sich im Arkadensaal vorstellen konnte, gab diesmal die SRH Fernhochschule Riedlingen mehr als ihre Visitenkarte ab. Sie bietet die Einrichtung eines Studienzentrums in Wertheim und einen speziellen Studiengang für die Fachkräfte der regionalen Wirtschaft an.

Oberbürgermeister Mikulicz machte eingangs nochmals die Bedeutung des Themas klar: „Wir müssen versuchen, den jungen Leuten die Möglichkeit zu geben, hier einen höheren Bildungsabschluss zu erwerben, damit sie in der Stadt und der Region bleiben können“. Er freute sich deshalb, dass Wertheim inzwischen zusätzlich zu IMC Krems mit weiteren Hochschulen in Kontakt sei und mehrere Optionen verfolgen könne.

SRH Fernhochschule Riedlingen

Die Fernhochschule Riedlingen stellten deren Rektor, Professor Dr. Ottmar Schneck, sowie Vertriebsleiter Maximilian Seigerschmidt näher vor. Die Hochschule hat derzeit rund 3.500 Studierende, 35 hauptberufliche Professoren und über 200 Dozentinnen und Dozenten. Die SRH, die sich selbst eine „mobile University“ nennt, engagiert sich seit mehr als 20 Jahren im Bildungsbereich.

Angeboten werden derzeit zehn Bachelor- und sieben Master-Studiengänge. Die Aufnahme eines Studiums sei jederzeit möglich, alle Studiengänge kosteten einen festen Preis, der sich auch nicht bei einer Überschreitung der Regelstudienzeit erhöhe. „Das Studium ist mobil, die Prüfungen sind real“, erklärte Professor Schneck. Klausuren, ergänzte Prorektor Professor Dr. Jörg von Garrel, müssen also in einer der Studienzentren geschrieben werden. Eines davon befindet sich in Ellwangen. Mit diesem ersten „Versuch“ einer Präsenz außerhalb größerer Ballungsgebiete habe die SRH bisher gute Erfahrungen gemacht.

Studiengang Wirtschaftsingenieur

Der für Wertheim geplante Studiengang heißt „Wirtschaftsingenieur: Technischer Vertrieb B.Sc. (WIV)“. Professor Dr. Jörg von Garrel, Prorektor der SRH Fernhochschule, stellte ihn beim Unternehmergespräch näher vor. Er soll in sechs Semestern berufsbegleitend zum Bachelor-Abschluss führen und simultan ein Studium der Fachdisziplinen Vertrieb, Mathematik/Naturwissenschaften sowie Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften ermöglichen. Er richtet sich an bereits Berufstätige ebenso wie an Auszubildende, die parallel ein Studium anstreben.

Zur Studiendauer sagte von Garrel, der Fokus der Fernhochschule liege auf Flexibilität. Die Regelstudienzeit sei zwar mit sechs Semestern angegeben, „aber das Tempo bestimmt jeder Studierende selbst. Wir wissen, was wir ihnen, parallel zum Beruf und zur Freizeit, zumuten können“. Der gesamte Studiengang werde überwiegend online absolviert; pro Semester verbringen die Lernenden drei bis vier Wochenenden in sogenannten Studienzentren, das für den Wirtschaftsingenieur dann in Wertheim angesiedelt werden soll.

Mindestens 20 Studierende

Die Kosten für das Studium mit Bachelor-Abschluss belaufen sich auf rund 13.800 Euro, für den Master auf 15.300 Euro. Da es sich um eine staatlich anerkannte Hochschule handelt, ist die Studierfähigkeit nach dem deutschen Hochschulrecht auch für die Fernhochschule Riedlingen die wichtigste Zugangsvoraussetzung. Laut Rektor Professor Dr. Ottmar Schneck benötige man eine Mindestzahl von 20 Studierenden pro Semester.

Von der Stadt wird außerdem erwartet, dass sie Räume für das Studienzentrum zur Verfügung stellt. Außerdem geht es, gegebenenfalls in Kooperation mit Partnern, um die Finanzierung einer Stiftungsprofessur „als Anker in der Region und im Studienzentrum“. Darüber ist man laut OB Mikulicz in engen Gesprächen mit dem Landrat.

„Eine sehr interessante Geschichte“

Viele der Unternehmensvertreter, die am Montagabend in den Arkadensaal gekommen waren, zeigten sich durchaus angetan. So sprach etwa Dr. Frank Gitmans, Geschäftsführer der Firma Vacuubrand, von einer „sehr interessanten Geschichte“. Ähnlich äußerten sich mit Friedrich Pink und Dr. Sven Schultheis weitere führende Repräsentanten Wertheimer Unternehmen. Oberstudiendirektor Manfred Breuer, Leiter des Beruflichen Schulzentrums in Bestenheid, meinte, der Studiengang könne ein Modell sein, das große Attraktivität ausstrahle und zu einer Art Dominoeffekt führe, wenn es erst einmal die ersten Studierenden gebe. Aber auch über die Grenzen der Main-Tauber-Stadt hinaus wurde der „Wertheimer Wirtschaftsingenieur“ an diesem Abend zumindest wohlwollend betrachtet, wie Stellungnahmen von Vertretern der Firmen VS oder Würth zeigten.

„Ein aktiver Oberbürgermeister, der uns angesprochen hat, eine Region mit ‚hidden Champions‘ und wir als ambitionierte Hochschule – wir sollten es gemeinsam versuchen“, meinte Professor Schneck. Er kündigte an, dass man den Studiengang „Wirtschaftsingenieur“ auf jeden Fall einrichten werde. Ob das Angebot an einem der bestehenden Studienzentren angesiedelt wird oder in Wertheim als neuem Standort, hängt nun maßgeblich vom nachhaltigen Interesse aus der Wirtschaft ab.

 

 

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