Eine ungewöhnliches Geschäftsmodell soll die Gesellschaft verändern

Von Amos Krilles

Unteroestheim/Diebach (ak). Ein Geschäftsmodell, welches es jedermann ermöglicht, Profit zu machen – und das ganze ohne jegliche finanzielle Rücklagen? Entweder pure Utopie oder eine offensichtliche Werbelüge, so vermutlich von vielen der erste Gedanke… Tatsächlich basiert das vor kurzem gegründete Unternehmen „uGAIN“ genau auf dieser Idee. Der „Social Entrepreneur“ und Geschäftsführer Christian Martens ist überzeugt, dass „uGAIN“ unsere Gesellschaft zum Positiven verändern wird.

Der Wunsch, selbstständiger Unternehmer zu sein, schlummerte schon seit früher Kindheit in Christian Martens. Spätestens in der Grundschule wurde sein geschäftsmännisches Geschick auch für andere offensichtlich, als er anfing, sein Taschengeld aufzubessern, indem er „selbstgebaute Jo-Jos und Fingerboards vertickte.“ Damals war seine Motivation zweifelsohne finanziell begründet. „Heute“, so beschreibt er, „habe ich mir das Ziel gesetzt, an etwas größerem zu bauen – nämlich das gesellschaftliche Zusammenleben zu verbessern.“ Wie das konkret aussehen sollte entschied sich erst 2018, mit der Idee, eine „Plattform zur Vermittlung von Kompetenzen, Kapazitäten und Mitteln innerhalb unserer Gesellschaft“ zu entwickeln. Nun ging es Schlag auf Schlag. Noch im selben Jahr beendete er seine gut laufende Karriere bei Electrolux (Rothenburg), um sich nun Vollzeit dem neuen Projekt widmen zu können. „Viele konnten nicht nachvollziehen, warum ich meinen Posten als Teamleiter aufgab“, um einer Idee nachzugehen, „bei der ich nicht einmal Geld verdiene…“ Hinzu kam, dass die vierköpfige Familie erst vor kurzem Zuwachs bekommen hatte.  Doch auch seine Ehefrau Debora steht zu 100 Prozent hinter ihm: „Es war schon immer unsere gemeinsame Leidenschaft, Menschen in unserem Umfeld zu unterstützen…“

Die junge Familie: Christian und Debora Martens, sowie die zwei-jährige Tochter Joela und Sohn Levi (5 Monate). „Wir glauben an die, wenn auch teilweise tief schlummernde, intrinsische Motivation eines jeden, seinem Nächsten etwas Gutes tun zu wollen und werden diesem Funken Hoffnung eine Plattform bieten, ein Feuer in unserer Gesellschaft zu entfachen.“

Dienen und verändern

Der junge Unternehmer beschreibt den Prozess, wie er sich gedanklich bereits seit beinahe zwei Jahrzehnten mit der Idee, selbstständig zu sein, auseinandergesetzt hatte. Bereits mit 14 Jahren sei für ihn „klar gewesen“, irgendwann ein „eigenes Business zu starten.“ Über die Jahre hätten sich dann schließlich zwei Ziele herauskristallisiert: „Menschen dienen“ und „die Welt verändern.“ Zunehmend habe er seine berufliche Tätigkeit als technischer Betriebswirt nicht mehr als erfüllend empfunden und so sei immer deutlicher geworden, dass es nun an der Zeit für einen „Richtungswechsel um 180 Grad war…“

Allein in Sao Paolo Downtown…

Auf die Frage nach dem „Schlüsselereignis“ für die Idee von „uGAIN“ entgegnet Martens mit folgender Geschichte: „Vor sieben Jahren war ich auf einem Flug von Paraguay über Sao Paolo (Brasilien) zurück in die Bundesrepublik. In Sao Paolo musste ich den Flughafen wechseln. Mit meiner naiven deutschen Vorstellung von einem zehn-minütigen Shuttle-Bus erntete ich von den Stewardessen und Damen am Schalter nur kopfschüttelnde, skeptische Blicke. Ich war irritiert, verunsichert und konnte die Situation nicht wirklich deuten. Daraufhin kam ein junger Mann mit gebrochenem Englisch auf mich zu und fragte, wo ich hinmüsse und ob er denn helfen könne. Ich schilderte meine Situation, worauf er mir zu verstehen gab, dass ich ihm einfach folgen sollte. Wir waren 3,5 Stunden mit dem Reisebus unterwegs, und kamen nachts schließlich zu einem geschlossenen Bus-Zentrum, an dem ich hätte umsteigen sollen. Der nette Brasilianer hat dann ein Taxi geholt und wir fuhren zu ihm nach Hause. Er nimmt sein privates Auto, fährt mich 30 Minuten zum Flughafen und ich wusste nicht wie ich mich bedanken sollte. Wenige Minuten später saß ich voller Dankbarkeit im Flieger, und realisierte erst dann was gerade eigentlich passiert ist.“

Diese Geschichte und andere hätten in ihm das Vertrauen in „uns Menschen gestärkt“ und ihn dazu bewegt „uGAIN“ zu gründen.

Die Kraft des Gebens als Fundament der Gesellschaft

Hilfeleistung ganz praktisch – der Unternehmer geht mit gutem Vorbild voran. Erste Anfragen für Unterstützung sind bereits eingegangen…

„uGAIN“ (v. engl.: u[you] = du; gain = erlangen oder gewinnen) steht für „Geben Als INvestiton“ (oder engl. „Giving As INvestment“). Ganz konkret handelt es sich dabei um eine Plattform, welche es jedem ermöglicht, schnell, bequem und einfach Unterstützung im Alltag zu bekommen oder anzubieten. „Wir bei uGAIN sind überzeugt, dass die Gesellschaft die Fähigkeiten, Zeit und Kraft besitzt, um sich gegenseitig unter die Arme zu greifen“, erklärt Martens. So gesehen fungiere das Sozialunternehmen als „Vermittler zwischen Bedarf und Angebot.“ Immer mit dem Ziel im Vordergrund, das Miteinander von Menschen auf ganz natürliche Art und Weise zu stärken: Unterschiede wie beispielsweise Kultur, Alter, Herkunft, finanzielle oder religiöse Standpunkte usw. sollen durch „vielschichtige Interaktion“ in den Hintergrund gerückt werden.

Vielmehr geht es darum, dass jeder „die Vorteile des Kollektivs“ genießen kann. Frei nach dem Motto „einfach geben, einfach leben…“, wie der junge Unternehmer bekundet. „Wir glauben, dass jeder etwas zu geben hat!  Jeder hat das Zeug dazu, den Tag eines anderen zu retten. Es sind die kleinen Dinge des Alltags…“

„Wenn Menschen im Austausch von Geben und Nehmen miteinander leben“, erklärt Martens, so würden Ressourcen wie Zeit, Geld, Kompetenzen oder Kontakte erweitert. Dies gelte sowohl für den Einzelnen, als auch für Vereine, Organisationen und Unternehmen. „Unsere Plattform nutzt die Kraft des Gebens, um starke Netzwerke als Fundament der Gesellschaft entstehen zu lassen.“

uGAIN will den Blickwinkel auf den Begriff „Investition“ erweitern. „Es gibt einen Markt für finanzielles Kapital und genau so sollte es auch einen Markt für soziales Kapital geben“, beschreibt der Oestheimer seine Vision.

Eine Antwort auf die Zeit

Die Idee für uGAIN sei des Weiteren auch eine ganz praktische Antwort auf die Herausforderungen des „Zeitalters der Digitalisierung.“ Zurückschauend habe sich die Gesellschaft innerhalb von zehn Jahren stark verändert. „Moderne Technologie hat in vielen Bereichen unseres Lebens Einzug gefeiert – Tendenz steigend.“ Trotz der damit verbundenen neuen Möglichkeiten und positiven Aspekte, verweist Martens auch auf die damit einhergehenden Problematiken. Im „Strudel der zunehmenden Selbstdarstellung“ werde der Mensch zum Produkt, wo sich der Fokus weg vom „wir“, hin auf „sich selbst“, das Profil und den Status kalibriere. Auch Aspekte wie „Demographischer Wandel“, Einwanderungspolitik oder „neue Familienmodelle“ (z.B. Alleinerziehende…) führten immer mehr dazu, dass „Menschen aneinander vorbei leben.“

„Wir leben in einer spannenden Zeit, geprägt von technologischen Errungenschaften, medizinischem Fortschritt und unendlichen Möglichkeiten. Diese werden aber auch von Herausforderungen begleitet – genau hier will uGAIN anpacken!“

Auf dem besten Weg zur „App“…

Wie wird die Umsetzung der Plattform konkret aussehen? Längerfristig soll eine uGAIN App entwickelt werden, welche den Nutzern vielfältige Funktionen bietet. Im ersten Schritt jedoch, will man testen, inwieweit das Konzept generell funktioniert. Die Methode: Regionale Facebook-Gruppen, basierend auf der Geschäftsidee von uGAIN, dienen als „test-run.“ So ging nun am Montag die Gruppe „uGAIN-Rothenburg o.d.T.“ online. Wenn diese Anklang findet, soll das Modell auch auf andere Städte übertragen werden. „Bei Erreichen einer Gesamtnutzerzahl von 60.000 wird gezielt nach Investoren, um die finale App zu entwickeln, gesucht“, skizziert Martens den groben Fahrplan. Wer kein Facebook hat, kann jederzeit auch telefonisch Hilfe anfordern/ anbieten (Kontakt siehe unten). Ein Gründerzuschuss wurde bewilligt und läuft noch bis Ende des Jahres.

Screenshot eines Beitrags in der „Besser helfen“-Gruppe.

Wie bei den meisten sozial motivierten Projekten stellt sich auch hier die Frage, wie das Konzept wirtschaftlich realistisch umsetzbar ist ­– trotz fehlender Gewinnabsicht gibt es Kosten, die zu decken sind. Doch auch diesbezüglich hat der Unternehmer bereits einige Ideen und blickt zuversichtlich in die Zukunft. Für ihn stehe jedoch keineswegs der Gewinn im Fokus, vielmehr ist es „die Idee, der Rentabilität einer gebenden und unterstützenden Haltung.“

 

Für ein besseres Miteinander in unserer Gesellschaft – Jetzt selbst mitmachen und Teil von uGAIN werden!

facebook.com/groups/uGAIN.Rbg

Weitere Lokale-Gruppen folgen!

 

Weitere Infos unter:

www.ugain.co

Mobil: 0160/97966664

„Besser helfen“: Am Montag, 11. November, ging die erste uGAIN-Facebookgruppe online!                                                                   Fotos: Privat

 

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