23. Oktober 2016

Zerbrochen und Geheilt

Blaise Pascal schreibt man dieses schöne Wort zu: „Es ist nicht auszudenken, was Gott aus den Bruchstücken unseres Lebens machen kann, wenn wir sie ihm ganz überlassen.“

Sind wir denn dazu bereit, uns ganz der Leitung Gottes anzuvertrauen?

„Modern“ ist das ja nicht. „Selbst ist der Mann, die Frau!“ lautet das Motto. Wir wollen doch etwas aus uns machen, etwas vom Leben haben, wollen selbst entscheiden, wohin die Reise führt. Bei all dem Ringen um Erfolg und Anerkennung, um Spaß und Konsum merken wir freilich nicht, wie zerbrochen unser Leben ist. Die Brüche reichen hinab in die früheste Kindheit: Schon die Kleinsten müssen lernen, dass die Eltern nicht immer Zeit für sie haben, nicht immer das tun, was der Sprössling will. Dann kommt der Kindergarten.

Hier müssen die lieben Kleinen lernen, sich in eine Gruppe einzufügen, müssen den Anordnungen der Kindergärtnerin folgen. In der Schule und später im Beruf kommt dann noch die Arbeitsbelastung hinzu. Aber auch wer erschöpft nach Hause wankt, muss sich im Haushalt betätigen, sich mit Ehepartnern und Kindern auseinandersetzen. Wie befreiend wäre es da, wenn wir die innere Stärke, die Ruhe aufbrächten, unser Leben ganz Gott anzuvertrauen, in seine Hand zu legen! Die Reise meines Lebens gleicht einer Fahrt ins Ungewisse.

Wohl kann und soll ich mein Bestes geben, aber das Gelingen liegt nicht bei mir. Gott aber meint es gut mit mir. Daran soll ich mich festhalten, wenn mir die Last zu schwer erscheint, wenn ich den Weg verloren habe, denn so formulierte schon Albrecht Bengel:“Gott hilft uns nicht immer am Leiden vorbei, aber er hilft uns hindurch.“

Das Leid können wir nicht mit Alkohol hinunterspülen, mit flotten oder zynischen Phrasen überspielen, nicht mit Trotz und Bitterkeit abschütteln.

Oft zerbrechen Menschen ja nicht so sehr an dem erlittenen Schicksalsschlag, sondern an ihrer Unfähigkeit, ihrem Unwillen dieses Leid zu tragen. Wie aber hilft  mir der Glaube „durchs  Leiden“? Schau doch auf Christus: Er ist gekreuzigt worden und auferstanden, wir ihm nach! Und wer auf Christus getauft ist, kann sich schon jetzt in Gottes Hand bergen. Der Tod kann die Taufe nicht aufheben und wer schon dem angeblich so verstaubten Bibelwort nicht glauben will, mag doch wenigstens dieses Wort des berühmten englischen Dramatikers G. B. Shaw beherzigen: „Ich bekenne, dass ich, nachdem ich 60 Jahre Erde und Menschen studiert habe, keinen anderen Ausweg aus dem Elend der Welt sehe als den von Christus gewiesenen Weg.“

Pfr. Dr. Christian Fuchs


16. Oktober 2016

Dem Licht folgen

„Ihr nennt mich Licht – so seht mich doch.
Ihr nennet mich Weg – so folget mir doch.
Ihr nennet mich Leben – so suchet mich doch.
Ihr heißet mich schön – so liebet mich doch.
Ihr heißt mich die Liebe – so folgt doch der Bahn,
denn wenn ihr mich liebt, habt ihr alles getan.“

Jesus, der für uns ans Kreuz ging, bittet uns hier, ihn zu lieben,  und seine Liebe weiterzugeben. Es genügt also nicht, im Ausweis im Feld:
„Konfessionszugehörigkeit“ einen positiven Eintrag stehen zu haben, auf das persönliche Verhalten im Alltag kommt es an. Gott hat uns das Leben geschenkt, Christus hat unsere Schuld gesühnt, hat unserem Tod seinen Schrecken genommen und wie reagieren wir? Skeptisch? Gleichgültig? Ironisch?

Unsicher? Wer Beweise verlangt, wer sich Bedenkzeit ausbittet, wer mit allerlei Kritik auf die Frohe Botschaft reagiert, hat nichts begriffen. Wie aber kann ein Leben in der Nachfolge Christi aussehen? Zunächst einmal räumt uns Christus viel Freiheit ein. Die Zehn Gebote wollen uns zu einem erfüllten christlichen Leben helfen, aber nicht unsere Wünsche, unsere Neugier niederknüppeln. Freilich muss auch der Christ Rückschläge und Durststrecken hinnehmen. Vielleicht kann man gelingendes christliches Leben auch so mit einem Wort aus Asien beschreiben: „Ich will bei der Wahrheit bleiben.

Ich will mich keiner Ungerechtigkeit beugen.
Ich will frei sein von Furcht.
Ich will keine Gewalt anwenden.
Ich will guten Willens sein gegen jedermann.“

Pfr. Dr. Christian Fuchs


02. Oktober 2016

Erntedank: Gott unser Gastgeber

„Leben wir festlich teilend, dann ehren wir Gott als den Gastgeber des Lebens.“ (Traugott Giesen)

Festlich sollen, ja dürfen wir leben, das meint, fröhlich. Vieles verdunkelt unser Leben, aber Gott will, dass wir uns freuen. Zu einem Fest gehören Mitmenschen, mit denen wir glücklich sind, gehören gute Laune, Gesang, Essen, Trinken, gemeinsame Unternehmungen. Christen sind keine Trauerklöße.

Gott ist unser Gastgeber: Wir leben nicht aus uns selbst, niemand hat sich sein Leben selbst geschenkt. Jeder hat (Groß)Eltern, Kollegen, Freunde, Angehörige, Partner, für die er Gott danken darf. Am Erntedanktag danken wir besonders für die Ernte der Gärten und Felder, für die vielen hart arbeitenden und leider schlecht bezahlten Landwirte. Wo man Gott dankt, wird es hell in unserem Leben. Wer meint, alles aus eigener Kraft geschafft zu haben, wird hart, selbstgerecht. Als Gäste müssen wir uns aber auch entsprechend benehmen, nämlich rücksichtsvoll gegenüber Mitmensch und Umwelt.

Wer sich als Beschenkter fühlt, wird dann auch andere beschenken, wird nicht verbissen festhalten an seinem Wohlstand, seiner Zeit, wird sich anderen öffnen, die weniger haben, die ihn brauchen. Es geht darum, aufmerksam zu werden für den Fingerzeig Gottes in meinem Leben, wer heute mein Nächster ist, wer heute meine persönliche Hilfe braucht, meinen Rat oder auch meine Ermahnung.

Pfr. Dr. Christian Fuchs


25. September 2016

Der Tag des Erzengels Michael und aller Engel am 29. September

„Mond und Sonne müssen dienen,
dienen muss der Sterne Schein.
Dienten nicht die braunen Bienen,
o, wie sollte Honig sein?
Dienten nicht die Wasserwogen,
käme nie ein Schiff gezogen
in des Hafens Kreis hinein.
Dienen muss der Blume Stengel,
Kelch und Wurzel, Tau und Wind.
Knechte sind ja selbst die Engel,
jeder hütet ernst ein Kind.
Dienen müssen Lust und Leiden,
einmal werden wir’s verstehn.
Willst Du aus dem Frieden scheiden,
magst Du aus dem Dienste gehn –
und die treusten von den Knechten
nimmt der HERR sich hin zur Rechten –
heute noch kann’s Dir gescheh’n.“
(Ruth Schaumann)

Wir leben in der „Dienstleistungsgesellschaft“. „Dienen“ klingt für viele aber negativ, nach Ausbeutung, nach Demütigung. In der Natur freilich dient eines dem anderen, denn alle Mitspieler eines Biotops sind aufeinander angewiesen. So auch bei uns: Was wären wir ohne die so oft übersehenen Putzfrauen, die tüchtigen Handwerker, ohne die liebevollen Mütter, die treusorgenden Väter? Wer aber für den anderen da ist, wer dem anderen Gutes tut, seine Aufgabe vernünftig, rücksichtsvoll verrichtet, wird zum Engel seines Nächsten. Wie aber steht es mit den „richtigen“ Engeln?
Gott ist uns stets nahe in guten wie in bösen Tagen. Das drückt die Bibel symbolisch durch das Wort „Engel“ aus. Freilich leben wir noch in der alten Welt, zu der nun einmal Krankheit, Unglück und Streit gehören. Ich will nicht behaupten, dass all das gottgewollt ist. Wir sind doch so stolz auf unsere Freiheit. Dann müssen wir auch die Konsequenzen tragen, und gerade in schweren Zeiten kann sich der Mensch bewähren, kann innerlich reifen. Wer aber sich verbittert oder hochmütig von Gott abwendet, der verliert den inneren Frieden. Wer trotz aller Zweifel und Niederlagen, trotz des Spottens seiner Mitmenschen an der Frohen Botschaft Jesu festhält, dass Gott wirklich jeden Menschen liebt, den „nimmt der HERR sich hin zur Rechten“, der gelangt in Gottes neue Welt, wo all das Böse nicht mehr sein wird. Das wünsche ich jedem von uns.

Pfr. Dr. Christian Fuchs


18. September 2016

Gedanken zum Schuljahresbeginn

„Chance der Bärenraupe, über die Straße zu kommen

Keine Chance. Sechs Meter Asphalt.
Zwanzig Autos in einer Minute.
Fünf Laster. Ein Schlepper. Ein Pferdefuhrwerk.
Die Bärenraupe weiß nichts von Autos.
Sie weiß nicht, wie breit der Asphalt ist.
Weiß nichts von Fußgängern, Radfahrern, Mopeds.
Die Bärenraupe weiß nur, dass jenseits
Grün wächst. Herrliches Grün, vermutlich fressbar.
Sie hat Lust auf Grün. Man müsste hinüber.
Keine Chance. Sechs Meter Asphalt.
Sie geht los. Geht los auf Stummelfüßen.
Zwanzig Autos in der Minute.
Geht los ohne Hast. Ohne Furcht. Ohne Taktik.
Fünf Laster. Ein Schlepper. Ein Pferdefuhrwerk.
Geht los und geht und geht und geht und kommt an.“

Vielleicht fühlt sich manches Kind wie die Bärenraupe in diesem Text Rudolf Otto Wiemers. Nach den langen Wochen der Ferien müssen sie wieder in die Schule, wissen nicht, ob sie mit neuen Klasskameraden und Lehrern auskommen, ob sie das Klassenziel erreichen, ob das Zeugnis ausreicht, um einen Arbeitsplatz zu bekommen. Die Worte Wiemers könnten die jungen Menschen ermutigen, den Weg ins Ungewisse zu wagen. Freilich bei aller Anschaulichkeit verharmlost diese kleine Geschichte doch die Realität: Nicht jede Bärenraupe schafft es. Auch so manches Kind verunglückt im Straßenverkehr und mancher scheitert in der Schule. Trotzdem möchte ich allen jungen Leuten Mut machen, ihren Weg zu gehen, auch wenn sie das Ziel noch nicht kennen: Der Heilige Geist geht mit jedem Getauften, er trägt jeden Christen in der Finsternis von Zweifel und Versagen, durchströmt uns mit seiner Kraft. Es ist egal, ob ich Hilfsarbeiter oder Professor bin, ob die Mitschüler, die Nachbarn mich bewundern oder verachten. Christus wird mich zum „ewigen Leben“ führen, wenn ich nur an ihm festhalte.

Pfr. Dr. Christian Fuchs