Sonderausstellung beleuchtet den Einfluss Rothenburgs auf die britische Hauptstadt

Rothenburg (pm/ak). „Rothenburg ob der Tauber in London“ lautet der Name der Sonderausstellung im RothenburgMuseum, die ab 19. September einen bislang noch völlig unbekannten Aspekt der internationalen Ausstrahlung Rothenburgs beleuchtet.

The „Great Wall with Germanic Towers” in Hampstead Garden Suburb, London (Aufnahme vor dem 1. Wtk.). Foto: RothenburgMuseum

Vor dem Ersten Weltkrieg diente Rothenburg namhaften Architekten und Stadtplanern als Musterbeispiel einer organisch gewachsenen, in seinen Bauensembles harmonisch gefügten Mittelalterstadt. Gegen die Reißbrettplanungen moderner Städte mit ihren planen Straßenverläufen und auf ökonomische Effizienz getrimmten Wohnquartieren plädierten Stadtplaner wie der Österreicher Camillo Sitte (1843 – 1903) für eine „malerische“, das menschliche Maß achtende Stadtarchitektur. Sittes „Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen“ (1889) räumte u.a. Rothenburg die Rolle eines prominenten Beispiels ein.

Nach dem Brexit, dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union zum 1. Februar 2020, wirft die Ausstellung zudem einen Blick auf die engen Verbindungen zwischen dem deutschen Kaiserreich und dem britischen Empire vor dem Ersten Weltkrieg – hier auf der fachlichen Ebene der Architekten. Der nationenübergreifende Austausch wird zum bereichernden Element.

Die Tauberstadt wurde in der Architektenszene als Musterbeispiel des malerischen (pittoresken) Architekturstils rezipiert und fand so auch Eingang in Diskussionen der englischen und deutschen Gartenstadtbewegung. Die Planer und Architekten der Gartenstadt Hampstead Garden Suburb in Nord-London (ab 1907) übernahmen von Rothenburg nicht allein einzelne Architekturmotive wie Dachformen, Laubengänge und Treppenaufgänge, sondern bauten auch die Stadtmauer als „Great Wall with its Germanic Towers“ als Abgrenzung von der Hampstead Heath quasi analog zum Taubertal nach. Ebenso fanden Motive Rothenburgs auch Eingang in Richard Riemerschmids Bauten „Am Grünen Zipfel“ in der ersten deutschen Gartenstadt Hellerau bei Dresden (ab 1909). Vor dem Ersten Weltkrieg wird Rothenburgs Architekturdiskussion fassbar als Beispiel einer pittoresken Moderne im klaren Gegensatz zur späteren Bauhaus-Moderne. Doch so wie die Bauhaus-Moderne sich bis ins 21. Jh. weiterentwickelt hat, so hat auch der malerische Architekturstil neue Ausprägungen erfahren (bspw. Frank O. Gehry, Daniel Libeskind) und die Idee der Gartenstädte darf angesichts der Unwirtlichkeit mancher Städte gleichfalls neue Bedeutung beanspruchen.

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