„Rathaus vor Ort“-Reihe nach Corona-Pause in Kembach fortgesetzt

Wertheim. Nach fast einjähriger Corona-Zwangspause hat die Wertheimer Verwaltung ihre Reihe „Rathaus vor Ort“ in Kembach fortgesetzt. Unter dem Motto „Wir kommen zu Ihnen“ besuchte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez die Ortschaft gemeinsam mit den leitenden Mitarbeitern der Stadtverwaltung Charlotte Friedel, Armin Dattler und Volker Mohr. Eine breite Palette an Themen kam dabei zur Sprache. Sie reichte von der Erneuerung des Windparks Höhefeld über die Erweiterung des Kindergartens bis hin zum Starkregenmanagement. „Ich habe mich auf den heutigen Termin richtig gefreut, weil die letzte Rathaus-vor-Ort-Veranstaltung lange her ist. Der direkte Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern fehlt, denn dieser ist eigentlich ganz wesentlich für mein Amt“, stellte Herrera Torrez zu Beginn der Bürgerversammlung fest. Im Rahmen derer sprach der Oberbürgermeister Themen an, die Wertheim, und insbesondere Kembach, bewegen – allen voran das Thema Windpark Höhefeld.

Der private Projektentwickler Juwi AG will die vorhandenen 14 durch bis zu sechs neue, wesentlich höhere Windräder ersetzen. Die jährliche Stromerzeugung würde sich damit vervielfachen. Das Genehmigungsverfahren führt und entscheidet das Landratsamt. Die Handlungsmöglichkeiten der Stadt sind also eingeschränkt, nichtsdestotrotz steht sie mit dem Projektentwickler im Austausch und drängt auf eine breit angelegte Bürgerinformation. Zuletzt stellte die Juwi AG die Pläne in einer Sondersitzung des Gemeinderats vor. Weitere Informationsveranstaltungen in den betroffenen Ortschaften sollen folgen. Unterstützt wird die Stadt im Prozess vom Forum Energiedialog. „Wir lehnen Windkraft nicht grundsätzlich ab. Aber wir erwarten Transparenz, und dass die Belastungen für die Bürger so gering wie möglich gehalten werden“, betonte Herrera Torrez und bezog sich auf mögliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und der Umwelt sowie durch Schall und Schattenwurf. Von Seiten der Bürger wurde angeregt, dass die Stadt oder die Bürger den Windpark betreiben könnten. Gegebenenfalls könne man dann auch die bestehenden Windräder nachrüsten und nicht durch neue ersetzen. „Was die Idee eines Bürgerparks angeht: Das finde ich spannend“, erklärte der Oberbürgermeister und merkte an, dass er sich bereits nach Investitionsmöglichkeiten erkundigt hat. Wegen des hohen Investitionsvolumens von 30 Millionen Euro und der Konkurrenz mit Investoren sei eine Übernahme durch die Stadt und die Stadtwerke jedoch schwierig. Ortsvorsteherin Tanja Bolg fragte nach, inwiefern die betroffenen Ortschaften von den Windpark-Einnahmen profitieren könnten. „Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer fließen in den städtischen Haushalt und werden über die gesamte Stadt verteilt“, erklärte Herrera Torrez. Zusätzlich erhält die Stadt jedoch 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde Strom. „Ich kann mir vorstellen, dass diese Einnahmen dann direkt an die fünf betroffenen Ortschaften Urphar, Lindelbach, Kembach, Höhefeld und Dietenhan gehen“, fügte er hinzu. Jedoch müsse das mit dem Gemeinderat und den Ortschaften besprochen werden.

Auch das Thema Corona sprach der Wertheimer Oberbürgermeister an, denn Wertheim weist landkreisweit regelmäßig die meisten Infektionen auf. Zwar steigt die Anzahl der vollständig Geimpften, aber mit 66 Prozent sei in Baden-Württemberg „noch Luft nach oben“. Die neue Corona-Verordnung, die am Montag in Kraft tritt, bietet für Geimpfte und Genesene mehr Freiheiten und löst sich gleichzeitig von der 7-Tage-Inzidenz. „Es ist die richtige Entscheidung, diesen Weg zu gehen“, bemerkte Herrera Torrez. Gleichzeitig äußerte er die dringende Bitte an die Bürgerinnen und Bürger, die sich impfen lassen können, dies auch zu tun.

Als ein „kleines Trauerspiel“ bezeichnete Oberbürgermeister Herrera Torrez den teilweise schlechten Handyempfang und das langsame Internet in Kembach. Abhilfe soll eine Kooperation zwischen Landkreis und BBV, einem Betreiber von Breitband-Netzen und -Diensten, schaffen. Wenn 20 Prozent der Haushalte im Main-Tauber-Kreis einen Vertrag mit der BBV abschließen, bindet das Unternehmen sämtliche Haushalte an das Glasfasernetz an. Die Stadtverwaltung, insbesondere Günter Hartig, hat sich außerdem darum bemüht, dass das Mobilfunknetz verbessert wird – und das mit Erfolg: Die Telekom hat zugesichert, den Mobilfunkstandort bis Mitte 2022 auszubauen.

Auch in Kembach gibt es den Wunsch, weiter wachsen zu können. Einige Bauplätze im Bereich „Buschhölzlein“ sind zwar noch verfügbar, aber aufgrund ihrer steilen Beschaffenheit eher weniger beliebt. Da war es eine gute Nachricht, als der OB die Bemühungen andeutete, oberhalb der neu gebauten Straße – private und städtische – Bauplätze entwickeln zu wollen. Auch für die Fläche der ehemaligen Bonbonfabrik gibt es einen Interessenten, der plant, dort Wohnraum zu schaffen.

Mit Informationen zum neu gestalteten Familienpass leitete der Oberbürgermeister zur Kindertagesstätte Kembach über. Bereits im Wahlkampf war der Kindergarten Kembach ein „heißes Thema“, denn die zahlreichen Kembacher Kinder brauchen Platz. Vier Monate nach Amtsantritt von Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez wurde dann der Grundsatzbeschluss gefasst: Der Kindergarten soll am bestehenden Standort ausgebaut werden. Das Bestandsgebäude wird saniert und durch einen Anbau ergänzt. Das Bauvorhaben wird in etwa 2,7 Millionen Euro kosten, das Land fördert das Projekt mit 300.000 Euro. Der Anbau soll im Sommer 2022 fertig sein, ein Jahr später soll die Sanierung des alten Gebäudes abgeschlossen sein. In der Zwischenzeit soll ein Angebot des Tageselternvereins Main-Tauber-Kreis einen Betreuungsengpass überbrücken: Insgesamt neun Kinder, die in der bestehenden Einrichtung nicht unterkommen können, finden bis dahin in Dietenhan Platz. Momentan gibt es noch drei freie Plätze.

Im Anbetracht der Starkregenereignisse im Ahrtal sprachen mehrere Bürger die Überflutungsgefahr durch Oberflächenabfluss oder die Bäche an. Im Kembach etwa gebe es laut einem Bachanlieger teilweise viel Altholz, Totholz und Steine, die Abflüsse verstopfen und im Falle starker Regenfälle zu Überschwemmungen führen könnten. Baufachbereichsleiter Armin Dattler kündigte im Zuge dessen eine gemeinsame Begehung der betroffenen Stellen des Baches mit Ortschaftsrat und Feuerwehr im kommenden Herbst und stellte eine mögliche Reinigung in Aussicht. Jedoch müssen hier die Auflagen des Naturschutzes beachtet werden, waren Dattler und Herrera Torrez sich einig. Des Weiteren werde auch Kembach in der Gefahrenermittlung im Rahmen des Starkregenrisikomanagements betrachtet. „Das was im Ahrtal passiert ist, hat uns schockiert. Deswegen führen wir nun diese Untersuchungen durch“, fügte Oberbürgermeister Herrera Torrez an.

Weiter sprachen die Bürgerinnen und Bürger den schlechten Zustand der Kembachtalhalle an. Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die städtischen Gelder gleichmäßig zwischen den Ortschaften verteilt werden müssen. Nachdem nun zunächst der Kindergarten im Ort ausgebaut wird, sei eine Sanierung der Kembachtalhalle vorerst nicht geplant. Auch die Kembacher Dorfjugend nutzte die Veranstaltung, um eine Idee vorzustellen: Die Jugendlichen würden gerne den Bolzplatz umgestalten und durch ein Beachvolleyballfeld erweitern. So könnte ein Treffpunkt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene geschaffen werden. Oberbürgermeister Markus Herrera zeigte sich angetan von der Idee und lobte die Heranwachsenden für ihr Engagement. Zur weiteren Planung verwies er die Jugendlichen zunächst an Tanja Bolg und den Ortschaftsrat. In einem nächsten Schritt könne dann die Stadt miteinbezogen werden.

Der Bürgerversammlung auf dem Rathausplatz vorangegangen war eine interne Gesprächsrunde, an der die Mitarbeiter der Stadt, die Mitglieder des Ortschaftsrates, die Stadträte Bernd Hartmannsgruber, Songrit Breuninger sowie Heiko Diehm teilnahmen. Der gemeinsame Rundgang durch die Ortschaft schloss sich an. „Ich habe mich selbst davon überzeugen können, wie toll Kembach – unter anderem die Ortsdurchfahrt und das Rathaus – saniert wurde. Zum Teil über das Sanierungsprogramm mit Geldern der Stadt und des Landes, aber auch durch die Eigenleistung der Hauseigentümer, die viel selbst hergerichtet haben und aller Bürgerinnen und Bürger“, freute sich der Oberbürgermeister über die schöne Ortschaft und das Engagement ihrer Bewohner. Ein großes Lob richtete er auch an Ortschaftsrat und Ortsvorsteherin Tanja Bolg: „Der Ortschaftsrat mit Tanja Bolg als Ortsvorsteherin betreut Kembach hervorragend.“

 

Foto: Stadt Wertheim

BU: Viele Interessierte waren beim Rundgang und später bei der Versammlung vor Ort.