Als Mann in einem besonderen Metier fast ausschließlich von Frauen umgeben

Ansbach. Die Ausbildung an der Berufsfachschule für Hebammen und Entbindungspfleger in Ansbach macht Konstantin Wroblewski als einzigem männlichen Schüler großen Spaß. Anfängliche Vorbehalte ob seines Geschlechts sind schnell ausgeräumt, falls überhaupt welche bestehen, so der 20-jährige aus Sachsen-Anhalt, der sich am Klinikum ANregiomed auf jeden neuen Arbeitstag freut.

Der freundliche und sympathische junge Mann ist in Zahna nahe der Lutherstadt Wittenberg geboren und aufgewachsen. Nach seinem erweiterten Realschulabschluss entschied er sich 2015 zunächst für eine Tischlerlehre, welche er aber nach einem Arbeitsunfall schon ein Jahr später abbrechen musste. Die Folgen der Verletzung ließen eine weitere Tätigkeit in diesem Ausbildungsberuf nicht mehr zu, wie er schildert. Bei der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Lutherstadt Wittenberg begann er ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). Darin eingeschlossen war auch ein Praktikum bei einer Hebamme – der gleichen Hebamme, die ihn vor rund zwei Jahrzehnten schon das Licht der Welt erblicken ließ. In ihrem Keller hatte diese Frau noch Konstantins Akte aufbewahrt, müssen doch solche Unterlagen bis zu 30 Jahren vor dem Reißwolf ferngehalten werden. „Es war toll, die eigenen Herzschläge auf dem Diagramm aus dem Mutterleib zu sehen“, so der 20-jährige, dem die Arbeit bei der Hebamme so faszinierte, dass er beschloss, Entbindungshelfer zu werden. Der Umgang mit Mutter und Kind gefiel ihm, ebenso wie der Umstand, sich immer wieder auf neue Menschen einstellen zu müssen. Zwei Geburten hat er seit dieser Zeit schon privat miterlebt, was ihn in seinem Beschluss nur noch bestärkt hat. „Das war ein ganz besonderer Moment, auf jeden Fall wunderschön, wenn das Ganze auch am Anfang noch ziemlich überwältigend ist, weil es halt viele Eindrücke sind; auch wenn man nur daneben steht. Auf jeden Fall ein sehr schöner Moment“, so die Erfahrung des jungen Sachsen-Anhaltiners. Sein Berufswunsch stand nach dieser Erfahrung wie in Stein gemeißelt fest.

Azubi mit Lehrhebamme

Konstantin lernt Umgang mit Neugeborenem

Geschlecht war nicht ausschlaggebend

Vor-Geburt-Modell

Konstantin begann unzählige Bewerbungen zu schreiben und wurde auch zu Bewerbungsgesprächen eingeladen. Eines davon führte ihn nach Ansbach ins dortige Verbundklinikum ANregiomed. Nach einem positiven Gespräch mit der Lehrhebamme Jasmin Treiber-Meyer und Robert Schulze, Lehrkraft der angegliederten Krankenpflegeschule, war die sofortige Zusage im Mai des vorigen Jahres nur noch reine Formsache. Konstantin war froh, dass sein Geschlecht überhaupt nicht thematisiert worden war. Nur seine persönliche und fachliche Qualifikation waren ausschlaggebend. Er war nicht der einzige männliche Bewerber, aber der einzige, dessen Bewerbung angenommen wurde. Nach dem Abschluss des Freiwilligen Sozialen Jahres ging es an die Umzugsplanung in die mittelfränkische Bezirkshauptstadt. Im Wohnheim des Klinikums fand er ein neues Zuhause.

Das Klinikum Ansbach ist derzeit eine Großbaustelle

 

Am 1. Oktober 2017 begann er die dreijährige Ausbildung zum Entbindungspfleger. Die Lehre ist aufgegliedert in einen theoretischen Teil (oft als Blockunterricht über mehrere Wochen hinweg) an der Berufsfachschule sowie einen praktischen Teil am Klinikstandort ANregiomed, die zeitlich einem ständigen Wechsel unterliegen. Los ging es mit theoretischen Grundlagen in der Normalpflege, ehe etwa ein Monat später der erste Einsatz im Praktikum folgte. Als einziger Mann unter rund 20 Frauen und Mädchen war er seine Ausbildung in der Berufsschulklasse angegangen. Das weibliche Geschlecht war zunächst durchaus überrascht, hatte aber keine Vorurteile, weshalb er gut aufgenommen und integriert wurde. Schließlich hat es Konstantin ja auch mit einigen männlichen Lehrkräften zu tun; überwiegend aber in der theoretischen Ausbildung. Er verliert sich also nicht unter zu vielen Frauen. Im Praktikum arbeitet er vorwiegend mit Krankenschwestern und Hebammen zusammen. Nach der Einführung auf einer Normalstation wurde er an nachoperative Themen in der Gynäkologie herangeführt. Nach dem kennen lernen des weiblichen Körperbaus ging es für ihn weiter auf der Wochenbett-Station. Hier erlernte er alle anfallenden Aufgaben von der Abholung aus dem Kreißsaal bis zur Unterstützung der jeweiligen Hebamme und der Versorgung von Mutter und Kind. Im Rahmen seiner Ausbildung war Konstantin zwar noch bei keiner Geburt dabei, jedoch wartet auf ihn in den beiden letzten Ausbildungsjahren viel Arbeit im Kreißsaal. Zudem absolviert er ein freiwilliges Praktikum, Externat genannt, um die freiberufliche Arbeit der Hebammen noch besser kennen zu lernen, was in der Klinik nur schwer möglich ist. Dieses Externat, bei dem man sich mit den Hebammen bestens austauschen kann, dauert zwischen sechs und zwölf Wochen. Dieses will er in seiner Heimat Sachsen-Anhalt absolvieren.

An die Geburt herangeführt

Berufsfachschule am Klinikum

In dieser Zeit wird der künftige Entbindungspfleger immer näher an die Geburt herangeführt, bis er irgendwann selbstständig eine Geburt leiten und durchführen kann. Im Rahmen seiner Ausbildung kann Wroblewski auch in anderen Klinikstandorten wie beispielsweise in Dinkelsbühl, Rothenburg oder auch in Würzburg und Erlangen eingesetzt werden. Am Ende steht dann das Examen als staatlich anerkannter Entbindungspfleger. Auch nach mehr als einem halben Jahr Ausbildung ist Konstantin Wroblewski überzeugt, sich für den richtigen Berufsweg entschieden zu haben. Nach wie vor ist er mit viel Leidenschaft dabei; das merkt er vor allem immer wieder beim Umgang mit den Kleinkindern. Der passionierte Rad- und Motorradfahrer, der in seiner Freizeit auch gerne kegelt, kann sich seine Tätigkeit gut bis zum Rentenalter und sogar darüber hinaus vorstellen. Viele erfahrene Hebammen stünden kurz vor dem Rentenalter, da sei es gut, dass junge von unter nachdrängen, so Konstantin, der von mehr Bewerbern als freien Stellen berichtet. Konstantin ist einer von drei Auszubildenden in ganz Deutschland; sechs examinierte Entbindungshelfer sind ihm bekannt.

Erfahrung am Becken-Modell

Für die Ausbildung stehen allein in Bayern neun Schulen zur Verfügung, an denen derzeit 500 bis 600 Schülerinnen und Schüler ihrer Lehre nachgehen. „Konstantin macht sich sehr gut und ist gut integriert“, spart die Lehrhebamme Jasmin Treiber-Meyer nicht mit Lob. Die geringen Vorurteile einem Mann gegenüber beim Praktikum würden sich schnell legen, so ihre Erfahrungen. Lediglich bei älteren Wöchnerinnen sieht man ab und an mal einen fragenden Blick. Aber was im europäischen Ausland schon gang und gäbe ist, wird bald auch in Deutschland zu einer Selbstverständlichkeit werden, ist die Lehrhebamme überzeugt. Hat Konstantin 2020 sein Examen aller Voraussicht nach dann in der Tasche, so würde er gerne bei einem größeren Klinikum in einer Großstadt mit jährlich mehr als 5000 Geburten unterkommen, weil dort die meiste praktische Arbeit auf ihn warten würde, mit der er sich am wohlsten fühlt. Bis dahin wird dann eine „männliche Hebamme“ einfach nur noch ein normaler Entbindungspfleger sein, so seine Hoffnung.                                 Text/Fotos: Heinz Meyer