Krisenmanagementplanung Pflichtaufgabe der Kommunen

Hochwasserschutz: Zweitägiger Workshop für Städte und Gemeinden

In einem zweitägigen Workshop erhielten kürzlich Vertreter der Städte und Gemeinden des Main-Tauber-Kreises praktisches Rüstzeug für die Erstellung ihrer ortsspezifischen Hochwasseralarm- und Einsatzpläne.

„Für die Hochwasservorsorge benötigen wir ein praxiserprobtes Krisenmanagement“, hatte Landrat Reinhard Frank bereits Anfang April bei einem Pressegespräch im Landratsamt Main-Tauber-Kreis in Tauberbischofsheim erklärt. Diese Notwendigkeit hätten die Unwetter-Ereignisse im Mai 2016, unter anderem in Braunsbach im Landkreis Schwäbisch Hall, einmal mehr auf dramatische Weise gezeigt.

Auch wenn der Main-Tauber-Kreis im letzten Winter von Hochwasserereignissen verschont geblieben war, ist es immer noch genau so wichtig, sich auf Hochwasserereignisse gewissenhaft vorzubereiten. Im Falle eines Hochwassers können große Risiken für Menschenleben und Sachwerte bestehen. Durch zerstörte Straßen oder Versorgungsleitungen können zudem Folgeschäden wie die Unterbrechung von Produktionsabläufen eintreten. Diese Risiken können durch eine gute Hochwasservorsorge erheblich vermindert werden. Vermindern heißt dabei nicht verhindern, denn dies wird nie vollständig möglich sein. Auch mit technischem Hochwasserschutz ist keine absolute Sicherheit möglich. Der Grundsatz des Hochwasserrisikomanagements lautet deshalb: „Es soll möglichst wenig passieren“.

Und hier spielen die Kommunen als Ortspolizeibehörde eine Schlüsselrolle und stehen in der Pflicht, Hochwasseralarm- und Einsatzpläne als Bestandteil des vorsorgenden Hochwasserschutzes zu erstellen. Die gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung solcher Pläne findet sich in § 5 Abs. 2 Nr. 2 Landeskatastrophenschutzgesetz. Darüber hinaus fördert das Land Baden-Württemberg technische Hochwasserschutzmaßnahmen nur noch, wenn ein aktueller Hochwasseralarm- und Einsatzplan in der Kommune vorliegt.

Vor diesem Hintergrund eröffnete der Erste Landesbeamte Dr. Ulrich Derpa als Moderator der Hochwasserpartnerschaft für das Einzugsgebiet Main/Tauber den zweitägigen Workshop „Kommunale Hochwasseralarm- und Einsatzplanung“ im Landratsamt sowie im Dorfgemeinschaftshaus in Gissigheim. Es nahmen Vertreter von 14 der 18 Kommunen des Main-Tauber-Kreises teils. Dr. Derpa dankte Bürgermeister Ludger Krug für seine Gastfreundschaft in Gissigheim und die Bereitschaft, ab sofort die noch junge Hochwasserpartnerschaft gemeinsam mit ihm zu moderieren. „Ich bin mir sicher, dass wir damit die Thematik Hochwasserschutz und Hochwasservorsorge besser in unseren Kommunen verankern werden“ sagte Dr. Derpa.

In Kooperation mit dem Land Baden-Württemberg und der WBW Fortbildungsgesellschaft für Gewässerentwicklung bot das Landratsamt Main-Tauber-Kreis mit dem Workshop praktische und konkrete Unterstützung, um die unabdingbare Aufstellung von Hochwasseralarm- und Einsatzplänen in den Kommunen voran zu bringen.

Der Hauptakteur des Workshops, Christian Brauner, selbständiger Risikomanager aus Horben bei Freiburg, führte die Vertreter der Kommunen von den wesentlichen Grundsätzen eines gut strukturierten Krisenmanagements über wichtige Instrumente für die Bewältigung von Krisen bis hin zu konkreten ortsbezogenen Schwerpunkten in der Alarm- und Einsatzplanung. Er verdeutlichte dabei immer wieder, dass die „Bewältigung von Krisen nur durch eine gute Führung der betroffenen Akteure zu gewährleisten“ ist. Es gehe darum, in der Kommune  klare Zuständigkeiten festzulegen, strategische Ziele zu formulieren und Maßnahmen zu finden, mit denen diese Ziele im Ernstfall erreicht werden können.

Am zweiten Workshop-Tag arbeiteten die Kommunen in jeweils eigenen Arbeitsgruppen an ihren konkreten örtlichen Betroffenheiten im Hochwasserfall. Bürgermeister, Mitarbeiter aus Bau- und Ordnungsämtern, Feuerwehrkommandanten und Bauhofmitarbeiter legten gemeinsam die Zuständigkeiten in ihrer Stabsorganisation fest. Hochwassergefahrenkarten stellen für den gesamten Landkreis flächendeckend überschwemmungsgefährdete Bereiche dar. Auf dieser Basis definierten die Workshop-Teilnehmer die örtlichen Gefährdungsschwerpunkte und kritische Objekte, die im Rahmen der weiteren Planung besonders betrachtet werden müssen.

Diese Vorüberlegungen im Team sind besonders wichtig, denn bei Hochwasserlagen müssen mitunter folgenschwere Entscheidungen getroffen werden wie beispielsweise über Evakuierungen. Dabei sind insbesondere „empfindliche Einrichtungen“ wie Schulen, Kindergärten, Altenheime und Krankenhäuser zu betrachten. Für einen Kindergarten sollte beispielsweise klar sein, wer die Einrichtung über das Hochwasser informiert, wer unter welchen Bedingungen die Entscheidung für eine Evakuierung trifft, wohin die Kinder gebracht werden, wer die Eltern informiert und wer wie die Einrichtung des Kindergartens sichert. Wo kann in den darauf folgenden Tagen eine Notbetreuung gewährleistet werden? Was geschieht nach dem Hochwasser, um den Kindergarten zu reinigen und wieder einzurichten?

Die Stimmung bei den Workshop-Teilnehmern war durchweg konstruktiv und positiv. Nicht nur die Diskussion innerhalb der eigenen Kommune, sondern auch der Erfahrungsaustausch mit den benachbarten Städten und Gemeinden wurde genutzt, denn Hochwasser macht vor Gemeindegrenzen nicht halt. So wurde zum Beispiel ausführlich diskutiert, wo und wie der Rettungsdienst die eine Kommune bei Hochwasser noch passieren kann, damit eine Versorgung der benachbarten Kommune weiterhin aufrechterhalten werden kann. Solche Vorüberlegungen, die kommunenübergreifend angestellt wurden, können im Ernstfall Leben retten.

Den Teilnehmern wurde klar, dass die ortsspezifische Konkretisierung und die endgültigen Festlegungen in der Hochwasseralarm- und Einsatzplanung nach dem Workshop kommunalpolitisch abgestimmt und regelmäßig fortgeschrieben werden müssen.  Für die jeweiligen Gefährdungsschwerpunkte müssen die erforderlichen Einzelmaßnahmen festgelegt werden. Diese müssen den jeweiligen Alarmstufen im Alarmstufenmodell des Hochwasseralarm- und Einsatzplans zugeordnet werden. Die verschiedenen Phasen im Alarmstufenmodell (Monitoring- oder Beobachtungsphase, Warnphase, Kontrollphase und Abwehrphase) können dabei durch unterschiedliche Indikatoren – zum Beispiel über die Warnstufen des Deutschen Wetterdienstes, über Pegelstände oder lokale Indikatoren – ausgelöst werden.

Das Warnmodell des Deutschen Wetterdienstes erfuhr am Workshop-Tag in Gissigheim auch gleich einen realen Praxistest. Kurz nachdem Referent Christian Brauner die aktuelle Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes, die für den Nachmittag schwere Unwetter mit Hagel vorhersagte, an die Workshop-Teilnehmer durchgegeben hatte, gaben auch schon die ersten Pieper der Feuerwehrkommandanten entsprechende Einsatzmeldungen aus. Die Aktualität des Themas wurde somit eindrucksvoll demonstriert.

Co-Moderator und Bürgermeister Ludger Krug dankte dem Referenten und dem Mann der Praxis, Christian Brauner, für den fachlichen Input und appellierte an die Teilnehmer der Kommunen: „Packen wir‘s an, solange das Wissen frisch ist und lassen Sie uns unsere ortsspezifischen Hochwasseralarm- und Einsatzpläne zeitnah erstellen und damit unsere Pflichtaufgaben erfüllen.“

„Fakt ist, dass der Hochwasseralarm- und Einsatzplan eine Daueraufgabe darstellt und immer wieder an die veränderten Gegebenheiten angepasst und fortgeschrieben werden muss. Das Landratsamt als untere Wasserbehörde und Mitglied im Flutinformations- und Warnsystem (FLIWAS) wird dranbleiben und die von den Kommunen erstellten Pläne zu gegebener Zeit anfordern und in das FLIWAS des Landratsamtes einarbeiten“, fasst Erster Landebeamter Dr. Derpa zusammen. lra

 

Christian Brauner, selbständiger Risikomanager aus Horben (stehend), führte die Vertreter der Kommunen durch den anspruchsvollen Workshop. Anhand der Hochwassergefahrenkar-ten mussten die Teilnehmer zunächst die kritischen Objekte und Gefahrenschwerpunkte in ihren Kommunen identifizieren. Foto: Landratsamt Main-Tauber-Kreis

 

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