Klimaresilienz – Gemeinsam zum Ziel: Einstieg in eine sichere Wasserzukunft im Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim

NEUSTADT AN DER AISCH/BAD WINDSHEIM (RED). Die Folgen des Klimawandels zeigen sich bereits deutlich. Nur gemeinsam kann es gelingen, Wege für einen nachhaltigen Umgang mit dem nur begrenzt zur Verfügung stehenden Wasser zu finden. Der Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim möchte sich pilothaft klimaresilient aufstellen. In einem breiten Bündnis haben deshalb Landkreis, Kommunen, Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken und Wasserwirtschaftsamt Ansbach – mit tatkräftiger Unterstützung von vielen weiteren Institutionen, Verbänden und Betroffenen – Möglichkeiten für einen zukunftsorientierten Wasserrückhalt und eine geordnete Nutzung des Wassers erarbeitet. Die Entwicklung neuer und innovativer Lösungsansätze kann nur gemeinsam und ohne „Scheuklappen-Denken“ gelingen. Die im Jahr 2023 erarbeiteten Ergebnisse wurden in einer Broschüre zusammengestellt, die zusammen mit Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber offiziell am Montag in Obernzenn vorgestellt wurde.

„Der Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim geht voran. 2022 haben wir den Startschuss für das erfolgreiche Pilotprojekt ‚Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts‘ gegeben: Zusammen mit der Landwirtschaft setzen wir auf Wasserrückhalt in grünen Gräben statt auf weitere Entwässerung. Jetzt geht die Region noch einen Schritt weiter. Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim soll zum ersten klimaresilienten Landkreis Bayerns werden. Der Landkreis ist zu einem Freiluftlabor für die Klimaanpassung geworden. Die neue Broschüre kann Blaupause für viele weitere Landkreise sein“, betonte Glauber.

Herausforderung Klimawandel
Der Klimawandel ist auf dem Vormarsch und die Folgen, wie wärmere Winter mit weniger Schnee, sind bereits zu spüren. Bedingt durch längere und heißere Trockenperioden im Sommer gehen die Abflüsse in den Gewässern zurück, Böden trocknen aus und Pflanzen leiden unter Wassermangel. Weniger Niederschläge bewirken auch eine abnehmende Grundwasserneubildung, was Auswirkungen auf die Nutzung des Grundwassers hat. Plötzlich auftretende Starkregenereignisse verschärfen die Situation. Der Boden kann das Regenwasser kaum aufnehmen und es fließt oberirdisch ab. Dadurch kann es zu Überschwemmungen kommen. Neben den negativen Folgen für Flora und Fauna sind wir Menschen somit direkt von den geänderten klimatischen Bedingungen betroffen.

Die Trockenheit ist im Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim besonders zu spüren. Die Grundwasserneubildung liegt mit rund 60 mm pro Jahr bereits jetzt deutlich unter dem bayerischen Durchschnitt. Grund genug, dass wir uns frühzeitig Gedanken um die Zukunft des regionalen Wasserdargebots machen. Es gilt, den Landkreiseinwohnerinnen und -einwohnern weiterhin deren Lebens- und Existenzbedingungen zu sichern. Trinkwasserversorgung, Zugang zu sauberen Gewässern, Bespannung von Fischteichen oder umweltverträgliche Bewässerung von Sonderkulturen wie Wein seien beispielhaft genannt.

Gemeinsam zum Ziel
Ziel war es, Möglichkeiten bzw. Alternativen zu finden, die einen zukunftsorientierten Wasserrückhalt und eine geordnete Nutzung des Wassers vor Ort garantieren – auch und gerade in Trockenzeiten! Wichtig waren uns vor allem zwei Aspekte: Erstens, dass wir den Weg gemeinsam bestreiten und zweitens, dass wir direkt in die praktische Umsetzung einsteigen. Im Laufe der Zusammenarbeit ist ein „Wir-Gefühl“ entstanden, auf das wir besonders stolz sind.

Durch das gemeinsame Anpacken soll es gelingen, den Folgen des Klimawandels fachübergreifend und wirkungsvoll zu begegnen. Hierzu haben sich die Projektpartner in vier Workshops mit Experten und Betroffenen zu folgenden Themenschwerpunkten ausgetauscht:
1. Gewässer & Talaue 2. Siedlung & Infrastruktur 3. Land- & Forstwirtschaft 4. Sonderkulturen & Teichwirtschaft

Möglichkeiten der Klimaanpassung
Naturnahe Gewässer und Auen können klimabedingte Stresssituationen besser überwinden. Hierbei spielt die Anpflanzung von standortgerechten Ufergehölzen eine zentrale Rolle. Sie bieten vielen Lebewesen im und am Wasser Lebensräume, beschatten unsere Gewässer und schützen sie so vor hohen Wassertemperaturen. Aber auch an den Menschen muss gedacht werden. Um die Gewässer erlebbar zu machen, können Lehrpfade, Aufenthaltsorte wie Spiel- und Picknickplätze in Verbindung mit einer ökologischen Aufwertung angelegt werden. Die Siedlung der Zukunft ist nach dem Prinzip „Schwammstadt/Schwammdorf“ sowohl an Starkregen, als auch an Trockenperioden angepasst. Das zentrale Thema dabei ist die „Blaue Planung“, also der Umgang mit dem Wasser im Siedlungsgebiet. Neben der bewährten Speicherung von Wasser in Zisternen wurden auch zentrale Regenwasserspeicher von Kirchendächern oder Industriebauten, stillgelegte Güllegruben oder ehemalige Teichkläranlagen diskutiert. Mit dem gespeicherten Wasser können beispielsweise Bäume, Grünanlagen oder Sportplätze bewässert werden. Erosionsschutz und Wasserrückhalt in der Fläche stehen im Mittelpunkt einer klimaangepassten Landwirtschaft. Durch organischen Dünger, vielfältige Fruchtfolgen und dem Anbau von Zwischenfrüchten kann der Humusanteil des Bodens auf Ackerflächen erhöht und somit mehr Wasser im Boden gespeichert werden. Auch konservierende Saatverfahren wie Mulch-, Direkt- oder Untersaat unterstützen den Humusaufbau. Ebenso ist der Wald an die künftigen Gegebenheiten anzupassen. Im klimagerechten Wald werden Baumarten gepflanzt, die mit dem veränderten Klima besser zurechtkommen. Die Bewässerung von Sonderkulturen wie Gemüse oder Wein wird zukünftig an Bedeutung gewinnen. Eine nachhaltige und wassersparende Planung ist elementar. Um das Grundwasser zu entlasten, soll bevorzugt Niederschlagswasser in Speicherbecken gesammelt und ressourcenschonend verwendet werden. Die Wasserspeicherung funktioniert auch in Kombination mit der Teichwirtschaft, indem größere Becken sowohl zur Fischzucht, als auch zur Bewässerung genutzt werden.

Umsetzung in die Praxis – Wir gestalten unsere Zukunft
Neben fachlichen Aspekten wurden für jeden Workshop Möglichkeiten zur Förderung und Unterstützung der Kommunen durch den Freistaat Bayern zusammengetragen. Die Ergebnisse wurden in einer Broschüre aufgearbeitet. Wir wollen aktiv vorangehen und andere Landkreise und Kommunen ermutigen, sich ebenfalls dem Schutzgut Wasser zu widmen und sich klimaresilient aufzustellen. Da uns die rasche Umsetzung in die Praxis am Herzen liegt, waren wir bereits aktiv:

Gewässer und Talaue:

    • Einstellung eines Wasserkümmerers im Landkreis als übergeordneter Ansprechpartner, um Kommunen bei der Umsetzung der wassersensiblen Planung zu unterstützen
    • Angebot von Wassertagen durch das Wasserwirtschaftsamt Ansbach, um sich mit den Kommunen vor Ort über alle Wasserthemen unbürokratisch auszutauschen
    • Intensivierung von Gehölzanpflanzungen an Gewässern erster und zweiter Ordnung durch das Wasserwirtschaftsamt Ansbach
    • Beschlossenes Förderprogramm „Gehölzanpflanzungen an Gewässern dritter Ordnung“ durch den Landkreis

 

Siedlung und Infrastruktur:

  • Vorrang der blauen Planung bei kommunalen Projekten und Bauleitplänen
  • Beschlossenes Förderprogramm „Ideenwettbewerb für Schüler zum Thema Wasser“ durch den Landkreis
  • Beschlossenes Förderprogramm „Reinigung und Umnutzung stillgelegter Güllegruben als Wasserspeicher“ durch den Landkreis
  • Einführung einer Blauen Seite in den gemeindlichen Amtsblättern, um die Bevölkerung über Aktuelles zum Thema „Wasser“ zu informieren
  • Umgestaltung der ehemaligen Teichkläranlage Neuherberg zu einem Wasserspeicher

 

Land- und Forstwirtschaft:

    • Fortführung des Gemeinschaftsprojekts „Wasserrückhalt in Grünen Gräben“ des Landkreises, Bayerischen Bauernverbands und Wasserwirtschaftsamtes mit dem Ziel, Entwässerungsgräben in ihrer Funktion umzukehren und für den Wasserrückhalt zu nutzen
    • Vorstellung der Erkenntnisse aus den Workshops und Beratung bei landwirtschaftlichen Veranstaltungen durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth-Uffenheim und den Bayerischen Bauernverband
    • Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel mit Flurneuordnung sowie den Initiativen „boden:ständig“ und „FlurNatur“ durch das Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken

Sonderkulturen und Teichwirtschaft:

    • Vorgespräche zur Aufstellung eines Bewässerungskonzeptes für eine nachhaltige und umweltverträgliche Weinbergbewässerung
    • Kombination aus Regenrückhalt und Bewässerung von Sonderkulturen im Rahmen von „boden:ständig“

Wir arbeiten im Landkreis bereits gut zusammen. Der Klimawandel gibt uns vor, diese Zusammenarbeit weiter voranzutreiben!

Die Broschüre „Kimaresilienter Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim – Gemeinsam zum Ziel“ ist auf der Internetseite des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach veröffentlicht: https://www.wwa-an.bayern.de/

 

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