Kerzenschein und Wasserfälle

Ein Ausflug ins Rothenburger Gewerbegebiet

ROTHENBURG. „Einfach mal ausruhen und den Alltag vergessen…“, dies ist oftmals leichter gesagt als getan. Unser Alltag wird zunehmend hektischer und die Reizüberflutung ist kaum mehr zu bewältigen. Infolge dieser Entwicklung leiden viele Menschen unter Stress, was nicht selten wiederum zu schlechter Stimmung oder Schlimmerem führt. Wie gut es in so einem Fall doch sein kann, einfach mal eine ruhige Minute zu finden, an einem Ort, der die Alltagssorgen schlichtweg vergessen lässt.  Was wäre in dieser Hinsicht wohl förderlicher als Kerzenflackern oder die gleichmäßig, leise, plätschernde Klangkulisse fließenden Wassers?

Bernd Schulz-Leyk und seine Frau Ursula Leyk erkannten, wie sehr Menschen solch einen Ort zu schätzen wissen und sind heute Leiter eines Unternehmens, dessen Konzept seines Gleichen sucht.

Ihr Wunsch ist es, auf die vorhandene Not zu antworten und die seelischen Bedürfnisse der Besucher und Kunden zufriedenzustellen. „Ich sehe häufig wie Menschen zu uns kommen und ihr Gesichtsausdruck bedrückt und unzufrieden wirkt. Wenn sie dann aber am Ende wieder gehen lächeln sie… Das zu sehen freut uns.“, beschreibt der Geschäftsführer. Es ist spannend zu sehen, wie es dem Ehepaar gelang, zwei scheinbar völlig unterschiedliche Geschäftsmodelle unter einen Hut zu bringen: Deutsche Keramikmanufaktur kombiniert mit Caféteria und asiatischem Wassergarten. Doch nicht ohne Grund sind diese nur „scheinbar unterschiedlich“ – letztendlich lassen sich beide Bereiche unter dem gemeinsamen Nenner der Romantik vereinen.

Zu viel Langeweile…

Die Marke Leyk ist heute international bekannt und steht für einmalige, handgemachte Keramik-Miniatur-Bauwerke aus Rothenburg. Bis es dazu kam, war jedoch ein langer Weg.

Alles begann damit, dass Ursula Leyk 1983 längere Zeit zu Hause war, da sie gerade ein Kind bekommen hatte. Bei der Überlegung, wie sie sich nun wohl am besten beschäftigen könne, kam ihr der Gedanke, Spielzeug für ihre kleine Tochter zu basteln. So kam es, dass sie anfing aus Ton ein kleines Gebäude zu bauen, welches innen hohl war. Eines Tages – es war regnerisch und trüb, die Stimmung düster – hatte Ursula Leyk eine Idee: Sie nahm ein Teelicht und platzierte dieses innerhalb des Häuschens. Mit dem romantischen Anblick des gemütlich, in warmem Licht flackernden Werkes mehr als zufrieden, ging die junge Mutter sofort an die Arbeit. Mit Nudelholz und Messer bewaffnet macht sie sich sofort daran, weitere Minihäuser zu töpfern. Ihr Mann ahnte vom geheimen Projekt seiner Ehefrau zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Eines Tages jedoch kam er unerwartet früh von der Arbeit nach Hause. Der überraschende Anblick des kleinen, herzlich schimmernden Dörfchens auf seinem Küchentisch verzauberte sofort sein Gemüt. Er überzeugte daraufhin seine Frau, in Serienproduktion zu gehen. Anfangs verkauften sie die selbstgefertigten Kunstwerke nur auf einem, dann mehreren und bald auf über 20 deutschen Weihnachtsmärkten. Stets war die Nachfrage größer als die Kapazitäten hergaben. Im weiteren Verlauf der Dinge ergab es sich, dass die Leyk Familie nach Wörnitz zog und 1991 auch die Keramikmanufaktur im Rothenburger Gewerbegebiet eröffnete.

Ein Traum entsteht

Das Gelände mit sanftem Südhang war wesentlich größer als die Produktionsgebäude Platz brauchten. Bernd Schulz-Leyk, ein ehemalige Werbefachmann, beginnt seiner Kreativität freien Lauf zu lassen und fängt an von einem einzigartigen, idyllischen Garten mit ungewöhnlichen Pflanzen zu träumen. „Eigentlich hatte ich mit Gartenarbeit nie etwas am Hut und es hat mich nie interessiert. Aber damals habe ich dann begonnen mir entsprechende Literatur zu beschaffen und diverses Wissen anzueignen.“, so Schulz-Leyk. „Ich habe mich dann auch viel mit japanischen Gärten und speziell asiatischen Wassergärten beschäftigt.“ So entstand allmählich ein Traum von einer märchenhaften Naturlandschaft, basierend auf fernöstlicher Philosophie und Spiritualität.

Urlaubsgefühle im Gewerbegebiet

Doch bis der Traum wahr werden durfte, sollte noch dauern… 2006 wurde der erste Spatenstich getan. Weitere sechs Jahre vergingen bis die Anlage eröffnet wurde. Das Warten hatte sich gelohnt: Was die Besucher heute wiederfinden ist das Ergebnis Jahre langer Arbeit und sehr viel Herzblut. Auf über 3000 Quadratmetern befinden sich unterschiedlichste exotische Pflanzen, ruhige Teiche und munter plätschernde Wasserläufe. Rings ums Gelände wurde ein Lärmschutzwall errichtet, weswegen die Tatsache, dass man sich eigentlich mitten im Gewerbegebiet befindet, schnell in den Hintergrund rückt… Es gibt viele kleine und größere Finessen zu entdecken – das asiatische Flair ist beinahe greifbar – an vielen Ecken überraschen kleine aber feine Details: Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein willkürlich platzierter Haufen Steine, beim genaueren Hinsehen jedoch erkennt man deutlich die Umrisse einer Schildkröte. Kein Zufall, Bernd Schulz-Leyk erläutert wie auch dieses Symbol wichtiger Bestandteil der asiatischen Philosophie ist: „Die Schildkröte ist ein Symbol für langes Leben.“ Beim Eingangstor des Gartens wundert man sich, mit welcher Perfektion die Handwerker die Kopie der antik wirkenden, mit Eisenbeschlägen versehenen Torflügel gefertigt haben. Moment, sind es wirklich Kopien? Tatsächlich handelt es sich um über 200 Jahr alte Originale, eigens importiert und eingebaut!

Ein Experiment

„Die Landschaft wurde bewusst so angelegt, dass es verschiedene Sitzmöglichkeiten gibt für die Besucher. Es gibt viele kleine, versteckte Eckchen, für Leute die ihre Ruhe wollen.“ Die ohnehin beeindruckende Außenanlage wird fast in den Schatten gestellt, wenn man die dahintersteckende Geschichte erfährt. Diese erklärt auch weshalb der Bau vergleichsweise lange, sechs Jahre, gedauert hat. „Gemeinsam mit zwei Freunden, habe ich alles selbst gemacht. Die ganze Planung und auch die Umsetzung: Wir haben selbst gegraben, die Wasserläufe angelegt, gepflanzt und auch die ganze Anlagenpflege machen wir selbst. Das benötigte Wissen habe ich durch Bücher erworben und durch den Besuch japanischer Gärten im In- und Ausland, sowie vielen Gesprächen mit Fachleuten. Eigentlich ist das alles ein Experiment.“, erzählt der Geschäftsführer. Doch ein scheinbar geglücktes Experiment – immer wieder bestätigen Besucher, dass der asiatische Wassergarten sehr authentisch ist und viele Ähnlichkeiten mit den „Originalen“ in Asien aufweist.

Kaffee, Cocktails und Keramik

Vor Ort gibt es eine Cafeteria, dort findet sich eine breite Auswahl selbst gemachter Kuchen, heißen- und kalten Getränken sowie auch dem ein oder anderen Deftigen. Den Gästen steht es frei, sich entweder in den Wasser-Garten oder den Innenbereich des Cafés zurückzuziehen. Auf unsere Frage, was die Besucher am meisten schätzen erklärt Bernd Schulz-Leyk lachend, dass der Kuchen immer wieder als sehr köstlich bewertet wird.

Weiterhin können die Besucher zusehen, wie die Keramik-Lichthäuser hergestellt werden und die einzelnen Arbeitsschritte verfolgen. Wer möchte, kann die im Verkaufsraum ausgestellten Exemplare auch gleich erwerben.

Das Unternehmen wird geleitet vom Ehepaar Leyk und Geschäftsführerin Andrea Fetzer. Mit gemeinsamer Vision sieht das Dreiergespann der Zukunft entgegen. „Wegen der ständig steigenden Nachfrage mussten wir bereits dreimal die Sitzflächen im Garten vergrößern, auf 150 Sitzplätze. Die Hälfte davon sind überdacht.“

Angesichts dieser Tatsache müsste vermutlich jeder Besucher ein passendes Plätzchen finden. Sollte man also wieder einmal das Bedürfnis nach Ruhe und Harmonie verspüren, den Alltag ausblenden und ein bisschen Natur genießen wollen – ein Besuch im Lotos-Garten könnte dann genau das Richtige sein…

 

Amos Krilles

 

Öffnungszeiten

Lotos-Garten und Café:
ab 8.4.2017 bis 21.12.2017
Mo – So von 10 – 18 Uhr, ab Oktober bis 17 Uhr.

Manufakturverkauf und Geschenke-Shop
bis 7.4.2017 Mo – Fr von 10 – 17 Uhr
ab 8.4.2017 Mo – So von 10 – 18 Uhr, ab Oktober bis 17 Uhr

 

Weitere Infos im Internet unter: www.lotos-garten.de

 

 

 

Bilder: Schulz-Leyk

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