Kataster-Band erzählt die „Unterirdische Stadtgeschichte“ Bad Mergentheims

Umfangreiches Werk zur Archäologie ab sofort im Rathaus erhältlich

Bad Mergentheim. Für Bad Mergentheim ist ein umfangreicher „Archäologischer Stadtkataster“ erarbeitet worden, der neue und spannende Einblicke in die früheste Siedlungsgeschichte, aber auch in die Stadt- und Baugeschichte bis ins 19. Jahrhundert ermöglicht.

Herausgegeben wird das Werk samt sorgfältiger Kartierung vom Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart in Zusammenarbeit mit der Stadt Bad Mergentheim. Hauptautoren sind die Archäologin Dr. Birgit Kulessa vom Landesamt sowie der Bad Mergentheimer Historiker Dr. Christoph Bittel. Daneben gab es noch eine ganze Reihe von Mitwirkenden aus den beiden Behörden, großes Engagement von vielen Fachleuten aus der Region sowie tatkräftige Mithilfe von ehrenamtlichen Initiativen. So entstand eine erstmals in dieser Form vorliegende Dokumentation zur „Unterirdischen Stadtgeschichte“.

„Die archäologisch tradierte Stadtgeschichte birgt grundlegende, der historischen Forschung bislang nicht verfügbare Informationen über die Anfänge und die Entwicklung jener Siedlungsphasen, die der mittelalterlichen Stadt vorausgegangen sind“, schreiben Oberbürgermeister Udo Glatthaar, Regierungspräsident Wolfgang Reimer und Professor Dr. Claus Wolf vom Landesamt für Denkmalpflege in ihrem gemeinsamen Vorwort. Denn in mittelalterlichen Städten wie Bad Mergentheim sind oberirdische Bauten zum Teil längst zerstört – während die archäologische Substanz noch gut erhalten ist.

Besondere Bedeutung kommt dabei den „Bodenurkunden“ zu, die der Kataster als wertvolle Geschichtsdokumente bewahren will. Grabungen seien dahinter nur die „zweitbeste Lösung“, da sie trotz fachlicher Anleitung historische Quellen beseitigen würden und nicht selten Anlass für Konflikte zwischen Stadterneuerung, Bauherren und Archäologischer Denkmalpflege seien. Diesem Leitgedanken folgend setzt das Land Baden-Württemberg seit den 1980er Jahren darauf, in jenen 300 Städten, die schon im Mittelalter oder in römischer Zeit bestanden, Archäologische Stadtkataster zu erstellen. Mit Band 42 liegt dieser nun für Bad Mergentheim vor. Nach Tauberbischofsheim im Jahr 2005 ist die Kurstadt die zweite Stadt im Main-Tauber-Kreis, für die ein Kataster erstellt wurde.

Oberbürgermeister Udo Glatthaar und Karl Ehrmann, Sachgebietsleiter für Bauverwaltung und Bauordnung (re.) sowie der Bad Mergentheimer Historiker Dr. Christoph Bittel (li.) präsentieren das „Werk“ (Bild: Stadt Bad Mergentheim)

Der Anspruch: ein möglichst umfassendes Bild von der Lage und der historischen Bedeutung der im Boden überlieferten Geschichtsdenkmäler innerhalb des mittelalterlichen Stadtgefüges und an seiner Peripherie zu entwerfen. Dafür wurden historische Funde und Befunde, Schrift- und Bildquellen, Karten und Pläne sowie aktuelle kommunale Bauakten ausgewertet. Die daraus entstandenen Texte geben einen aktuellen Überblick über archäologisch relevante Flächen und Areale, für die sie Wissensstand und Fragestellungen der Geschichtsforschung dokumentieren.

„Der Stadtkataster kann künftig bei der Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, Stadtteilsanierungen und sonstigen Planungsvorhaben, bei denen denkmalpflegerische Belange berührt sein könnten, herangezogen werden“, erläutert Karl Ehrmann, Sachgebietsleiter für Bauverwaltung und Bauordnung im Bad Mergentheimer Stadtbauamt, den praktischen Nutzen.

Struktur erhält das Buch durch seine Gliederung, die zunächst unterschiedliche „Stadtsegmente“ definiert. Danach werden Grundlagen zu Naturraum und Topografie umrissen, bevor die Siedlungsentwicklung von den frühgeschichtlichen Anfängen bis zur Herausbildung einer städtischen Siedlung nachgezeichnet wird. Im weiteren Fortgang widmet sich der Kataster wichtigen Entwicklungen wie der Deutschordens- oder Kurgeschichte aus historischer und siedlungsarchäologischer Sicht. Oder auch prägenden Epochen wie die Zeit des 30-jährigen Krieges. Schließlich werden auch bisherige Ausgrabungen und teils abgegangene, teils noch erhaltene wichtige Bauobjekte der Altstadt dokumentiert und erläutert.

Illustriert ist der Kataster mit einer Reihe historischer Skizzen von Stadtansichten, mit zum Teil jahrhundertealten Plan-Zeichnungen – und mit Fotografien von archäologischen Ausgrabungen und Funden. Umfangreiches Kartenmaterial zum Herausnehmen und Entfalten ist ebenfalls Teil eines jeden Buches.

Das fast 370 Seiten umfassende Werk versteht sich nicht nur als fachliche und wissenschaftliche Arbeit, sondern richtet sich auch an interessierte Bürgerinnen und Bürger, die in die „Unterirdische Stadtgeschichte“ eintauchen möchten. Das Blättern und Lesen in dem Werk eröffnet weit mehr als Daten und Befunde, hier wird auch frühes Stadtleben sehr anschaulich erzählt.

Das Archäologische Stadtkataster Bad Mergentheim ist zum Preis von 30 Euro im Sekretariat des Sachgebiets Bauverwaltung und Bauordnung im Bad Mergentheimer Rathaus erhältlich (Zimmer 3.16). Wegen der Corona-Pandemie ist im Vorfeld ein Termin zu vereinbaren unter Telefon 07931/ 57-6300. stv