Gerade „konzertlos“ – aber die Ideen sprießen!

Café del Mundo – ohne Welt?
Wie Künstler mit dem Einschnitt umgehen.

Walldürn (BT). „Was tut eine Band, wenn sie keine Konzerte spielen darf?“ fragte Beate Tomann das Duo Café del Mundo, das aus Jan Pascal und Alexander Kilian besteht. Im Vorgespräch berichteten sie über Konzerte in England, Spanien und einer Tournee in Korea. Und dann kam Corona. Die Termine wurden abgesagt. Die Einkommensquelle versiegte abrupt. Nach einer anfänglichen Schockphase regten sich die kreativen Geister wieder. Sie entwickelten eine mehrteilige Podcast-Serie mit 12 Einheiten über sich, ihre Geschichte, Hintergrundinformationen, persönlichen Einsichten und natürlich immer durchwebt mit dem Klang ihres phantastischen Gitarrenspiels. Der Verkauf lief zunächst zögerlich aber nach und nach wurde die Zahl der aktiven Fans wieder größer.

Jan Pascal beschreibt die Situation des plötzlichen Corona-Einschnittes so: „Die Musik fehlt. Allgegenwärtig Stille, die Pandemie kostet uns auch den Festivalsommer 2020. Seelen beflügelnde Klänge unter gestirnten Sommernächten wird es so in diesem Jahr nicht geben.“ MusikerInnen wären nicht KünstlerInnen und als solche überwiegend Über-LebenskünstlerInnen, die durch die Digitalisierung der vergangenen Jahrzehnte und eine Effizienz maximierte Konsumwirtschaft längst an Unsicherheit, Randständigkeit und eine Existenz irgendwo jenseits gängiger Curricula gewohnt sind, wenn sie nicht gelernt hätten, Krisensituationen schöpferisch zu nutzen. „In der Krise sind wir uns selbst näher als im Erfolg.“ sagt Jan Pascal, Musiker und Komponist, und nun als Drehbuchautor für ein szenisches Musikvideo seiner Gruppe „Café del Mundo“ tätig.

„Wer das Reisen liebt, der reist jetzt innerlich. Da gibt es vieles zu entdecken, neu zu erfahren.“ so Jan Pascal weiter.

„Nach Konzerten an den entlegensten Orten war uns die Heimat eine echte Neuentdeckung.“ fährt Alexander Kilian fort. „Und das Beste, man muss dafür nicht fliegen, keine 80.000 Kilometer mit dem Auto fahren, ganz im Sinne des Guten, das oft so nahe liegt.“

In der Abgeschiedenheit und Beschaulichkeit unserer Region zwischen Odenwald und Bauland entdecken die Musiker jetzt eine einzigartige, filmreife Ästhetik. „Oft liegt es in unseren Gedanken, uns selbst jeden Moment neu zu erschaffen.“ So sehen sich die Musiker als Vorbilder, Inspirationsgeber für ein Leben, das zu allererst nach Erfüllung strebt und dabei manchmal einen Funken Glück als Zugabe geschenkt bekommt.

Die Parallele des Lockdown zum Sommer 1945 liegt nahe. Auch damals herrschten Ausgangsbeschränkungen und persönliche Einschränkungen. Und so spielt das Musikvideo „letter from home“ in dieser Zeit. Liebevoll wurden wochenlang Details zusammen getragen, vom Füllfederhalter aus den 40ern bis zu den Kostümen aus dem Theater-Fundus in Hamburg.
Der Kurzmusikfilm erzählt die Geschichte einer freundschaftlichen Verbindung, die durch den poetischen Austausch im Briefwechsel lebendig wird. Wann schreiben wir heute noch Briefe? Wer würde eine Handy-Nachricht ausdrucken und im Schuhkarton auf dem Dachboden aufbewahren?
Die aufwändige filmische Inszenierung fand den perfekten Ort im Odenwälder-Freilandmuseum und dort die aufgeschlossene Leiterin Margareta Sauer, ohne deren Unterstützung die Idee nie zur Umsetzung gekommen wäre. Bei der Planung und den Dreharbeiten stand Café del Mundo Catharina Treber aus Wiesbaden zur Seite. Sie ist seit über zwanzig Jahren Produktionsleiterin bei einem großen deutschen Sender und setzt sich in Ihrer Freizeit speziell für KünstlerInnen in Corona-Zeiten ein.
„Es gibt einen Punkt, da beginnt es trotz oder gerade wegen aller Hürden zu fließen. Dann ist man in Flow-Geschwindigkeit unterwegs und muss nur darauf achten, ihn nicht zu stoppen.“ beschreibt Jan Pascal die künstlerische Arbeit, in der er sich mit Alexander Kilian ergänzt und gegenseitig herausfordert.
„Talent sucht Herausforderung.“ ergänzt Alexander Kilian, der sich in den vergangenen Jahren neben dem Gitarrenspielen auch der Fotokunst widmete und diese empirisch aber mit sendereifem Qualitätsanspruch an sich entwickelt. „Die Frage der Ästhetik bestimmt allein der Respekt vor der Zeit des Betrachters.“ fährt der 33jährige Hohenloher fort, der diesmal Bildgestaltung, Lichtsetzung, Kamera und Schnitt selbst übernahm.
„Man bekommt das technische Equipment heute leicht gebraucht. Nie war es Menschen einfacher, neue Fähigkeiten an sich zu entwickeln als in unserem Informations-Zeitalter.“

Für die Ausstattung war Stylistin Stefanie Schmidt aus Hamburg tätig, das Styling übernahm Corina Friedrich (München), das eingesetzte original alte Fahrrad setzte der ortsansässige Fahrradladen mit historischem Feingefühl wieder in Gang. Das technische Equipment stellte die Firma Häfner Veranstaltungstechnik und organisatorische Unterstützung, sowie Kost und Logie gab der Feriengasthof Schieser in Gottersdorf.

„Unter normalen Umständen hätten wir fünfstellige Produktionskosten für dieses Projekt. Da unsere Haupteinnahmequelle, das „Konzerte spielen! gerade entfällt, musste alles sehr kreativ gelöst werden. Das hat wiederum einen ganz eigenen Charme entwickelt, der sich auf den Betrachter überträgt.“

Das fertige Musikvideo erscheint Anfang Juli auf dem YouTube- Kanal der Band „Café del Mundo“. Eine VideoTeaser gibt es bereits als musikalischen Vorgeschmack zu sehen. Und am Ende des Gesprächs findet sich ein Funken Hoffnung, denn das Konzert auf der Burg Wertheim am 18. Juli steht vor der Tür und wird realisiert werden.

 

Fotos: Jan Pascal, Andreas Schieser, Dani Arnold, Catharina Treber, Alexander Kilian

 

 

 

 

 

 

 

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