„Forscherfieber, Erfindergeist und ein Quäntchen Unbefangenheit“

Main-Tauber-Kreis (Anja Öttl). Forschen, tüfteln, ausprobieren. Manche Menschen können nicht genug davon bekommen. Für 13 bis 19-Jährige gibt es seit 2002 den regionalen Erfinderwettbewerb „Kreative Köpfe“. Junge Menschen dürfen hier ihre Ideen realisieren und lernen, sie einer Jury perfekt zu präsentieren. Teilnahmeberechtigt sind alle Schüler von weiterführenden Schulen in den Regionen Bad Mergentheim, Tauberbischofsheim, Wertheim und Neckarsulm. Am 13. Mai werden die Preise für die besten Erfindungen in der Wandelhalle in Bad Mergentheim vergeben. Blicklokal hat hinter die Kulissen geschaut und sich mit zwei Projektgruppen zum Gespräch getroffen.

Marlene griff in die große Kiste ihrer Lebenswelt. Lange musste sie darin nicht suchen. Was sie schon immer störte, wenn sie abends im Winter ihr Longboard aus der Garage holte? – Es war einfach zu dunkel und deshalb zu gefährlich auf dem Board noch ein paar Runden zu drehen. Deshalb beratschlagte sie sich mit ihren Freundinnen Sina und Josie. Die Drei suchten in den Schulpausen und zu Hause nach einer Lösung zu dem Problem und schon bald hatten sie eine gefunden: Ein Licht musste hinten und an der Vorderachse am Longboard befestigt werden. Der Clou:  Mit dem Fuß kann der Fahrer zudem einen Bewegungssensor aktivieren und so automatisch das Licht einschalten.

Marlene Stegers (Igersheim), Sina Simon (Wittighausen) und Josie Eyermann (Bad Mergentheim) sind 13 Jahre und gehen in die achte Klasse der Sankt Bernhard Realschule in Bad Mergentheim. Die Freizeitgestaltung sieht für die drei Mädchen wie bei vielen Gleichaltrigen aus: Turnen, Reiten, Karate und Ballett stehen auf dem Programm. Neuerdings beschäftigen sich die Drei aber vielmehr mit komplexeren Schaltkreisen, 3D-Druckern und Programmiersprache. Marlene, Sina und Josie nehmen am Erfinderwettbewerb „Kreative Köpfe“ teil. In der Schule hatte die Wettbewerbsleiterin Iris Lange-Schmalz auf den Erfinderwettbewerb hingewiesen.

„Entdeckergeist wecken“

2002 wurde der regionale Erfinderwettbewerb „Kreative Köpfe“ von Dr. Manfred Wittenstein ins Leben gerufen. Ziel des Wettbewerbs ist es, den Erfinder- und Entdeckergeist von jungen Menschen zu wecken und sie für Fragestellungen aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft oder Technik (MINT) zu begeistern. Der Wettbewerb ist ein einzigartiges regionales Netzwerk bestehend aus Unternehmen, Kommunen und Schulen, mit dem Ziel, Jugendliche, auf besondere Art und Weise für technische und naturwissenschaftliche Themen zu begeistern. Auch Pauline Spielmann und Hannes Fischer treten beim Erfinderwettbewerb an.  Die beiden 13-jährigen Schüler des Gymnasiums Weikersheim wollen einen automatischen Hollywood-Schaukel-Antrieb bauen. Die Idee entstand aus der Not heraus: Pauline Spielmann hatte es im Sommer einfach satt, ihre Mutter immer wieder auf der Hollywood-Schaukel anstupsen zu müssen. Mit Hannes Fischer geht sie in die achte Klasse des Gymnasiums. Beide haben Naturwissenschaft und Technik (NWT) als Profilfach gewählt. Ende der siebten Klasse stand für die beiden Schüler die Entscheidung an neben Spanisch als weiterer Fremdsprache, das Kernfach NWT zu wählen. In NWT arbeiteten die beiden bereits an unterschiedlichen Projekten zusammen.  Die Chemie zwischen den beiden stimmte. Nicht schwer fiel es Pauline deshalb, Hannes Fischer für das Projekt zu begeistern.

Zuerst stand die Idee im Raum, die Hollywood-Schaukel mit Hilfe eines Magnetismus zum Schaukeln zu bringen. „Wir haben uns viele Gedanken gemacht und viel ausprobiert“, erinnert sich Hannes. Vor den beiden steht ein kleines Holzmodell der Hollywood-Schaukel, wie sie in XXL auch in Paulines Garten steht. Hat die beiden Schüler das „Forscherfieber“ schon lange gepackt, sind mittlerweile auch die Eltern infiziert. „Beim Modellbau haben uns auch ein bisschen unsere Väter geholfen,“ erzählt Pauline. Plan der beiden ist es aber möglichst viel selbst zu machen.

 

Foto: Anja Öttl

Aktuell haben Pauline und Hannes einen anderen Weg eingeschlagen, um die Schaukel sanft zum Schwingen zu bekommen. Ein Motor soll helfen. Zurzeit feilen sie zusammen mit einem Unternehmen an Feinheiten. „Der Motor ist leider etwas laut. Da müssen wir uns noch etwas einfallen lassen“, sagt Pauline. Erfindergeist aber auch Siegerwillen zeichnet auch das Dreigestirn der Sankt Bernhard Schule aus. „Das ist doch klasse, auf der einen Seite kreativ zu werden und vielleicht gleichzeitig damit etwas zu gewinnen“, sagt Marlene Stegers und strahlt über das ganze Gesicht.„Wir haben uns mit zwei Ideen online beworben“, erzählt Sina Simon. Eine Jury wählte dann aus allen Einsendungen die besten Ideen aus. Mit ihrer Idee „Licht für Skateboard“ wurden die Schülerinnen von St. Bernhard schließlich ausgewählt, ihr Projekt umzusetzen. Alle ausgewählten Teilnehmer, insgesamt 18 Projektgruppen, trafen sich zum ersten Mal beim sogenannten Kick-Off. Hier lernten die drei Mädchen die Experten und Förderer kennen, die ihnen bei der Umsetzung des Projekts zur Seite stehen werden. Beide Teams arbeiten seither mit professioneller Unterstützung daran, ihre Idee in die Tat umzusetzen. Drei Monate haben alle Schüler insgesamt Zeit, ihre Idee wahr werden zu lassen. Die Unternehmen stellen dazu Arbeitsmaterial und technisches Equipment zur Verfügung. Darüber hinaus stehen bei der Realisierung Experten mit Rat und Tat zur Seite. Die Begeisterung ist den drei Realschülerinnen anzusehen. Trotz des ganzen Aufwands: Neben Schule und Hobbies heißt es jetzt auch im Unternehmen aktiv zu sein. „Erst Mittagsschule, dann „Kreative Köpfe“ und dann noch unsere Hobbies“, listet Marlene ihre Termine auf. Auch das Engagement der Eltern ist gefragt. „Meine Mutter fährt direkt von der Arbeit zum Unternehmen, um mich abzuholen“, sagt Sina Simon.

 

Foto: Anja Öttl

 

Überzeugten die Jury

In den Wettbewerb sind die drei Mädchen recht „unbefangen“ geschlittert: „Eine Überraschung sei es schon gewesen, dass wir ausgewählt wurden“, erklärt Marlene.

Die Mädchen gehören keineswegs, wie vielleicht vermutet, der Technikklasse ihrer Schule an, sondern haben den Französisch- bzw. Hauswirtschaftszweig gewählt. Vielleicht ist diese Unbefangenheit aber gerade der Grund, warum die drei Mädels so erfolgreich waren und die Wettbewerbsjury überzeugten. Josie kennt eine weitere Stärke ihres Teams: „Wir drei ergänzen uns ziemlich gut.“ Außerdem sind die Mädchen „beste Freunde“, da sind sie sich einig.

„Trainingsangebote“

Zur Unterstützung ihres Vorhabens können die Teams zudem an zwei Trainings teilnehmen. Das erste Training beschäftigt sich mit dem Thema: „Von der Idee zum Projektergebnis“.

Das zweite Training umfasst die Themen Kommunikation und Präsentation. Es soll helfen, dass die Schüler das nötige Handwerkszeug kennen lernen, um ihr Projekt perfekt der Jury präsentieren zu können. Die Gewinner des Wettbewerbs werden dann im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung am 13. Mai in der Wandelhalle in Bad Mergentheim bekannt gegeben.

Gelernt haben die beiden Teams währenddessen schon jede Menge. Hannes Fischer zählt seine Lernerfolge abschließend auf: „Sich erst zahlreiche Gedanken über eine Problemstellung zu machen, um dann Schritt für Schritt, zu einer logischen „Fassung“ zu gelangen. Auch Kompromisse eingehen zu müssen. Und manchmal liegt die Lösung einfach vor der eigenen Haustür. Das macht für mich den Reiz der Arbeit aus.“

Folgende Schulen sind beim Erfinderwettbewerb „Kreative Köpfe“ vertreten:

  • Deutschorden-Gymnasium, Bad Mergentheim
  • Kopernikus-Realschule, Bad Mergentheim
  • Kaufmännische Schule mit Wirtschaftsgymnasium, Bad Mergentheim
  • Gewerbliche Schule mit Technischen Gymnasium und Informationstechnischem Gymnasium, Bad Mergentheim
  • Gymnasium Weikersheim
  • Bernhard, Bad Mergentheim
  • Gemeinschaftsschule Weikersheim