Spatenstich für Inklusion und konfessionsübergreifende Zusammenarbeit

Bad Mergentheim. Anfang der Woche schien die Sonne auf dem Gelände der Eichendorffstraße 4 in Bad Mergentheim besonders hell und fröhlich. Die Johannes-Diakonie Mosbach hatte zum gemeinsamen Spatenstich geladen. Das Gelände der Familie Klotzbücher, das schon einige Zeit als Brache vor sich hin dämmerte, hat bald eine neue Sinngebung. Es ist Halbzeit in der Projektierungsphase für den dreigeschossigen Wohnungsbau, dessen nutzbare Fläche circa 1.410 Quadratmeter umfasst. Es entstehen Räumlichkeiten für vier Wohngruppen zu je sechs Personen und ein Kurzzeitplatz, Gemeinschafts- und Funktionsräume, vier Appartements und die Büroräume der „Offenen Hilfen Bad Mergentheim“. Als zweite Gebäudekomponente entsteht ein eingeschossiger Bau für die tagesstrukturierenden Angebote mit einer 300 Quadratmeter großen Nutzungsfläche. Als glückliche Nutzer werden erwachsene Menschen mit Behinderung aus dem Raum Bad Mergentheim und Umgebung von der Investition von mindestens fünf Millionen Euro profitieren können. Rund 1,2 Millionen Euro wurden bei der Projektvorstellung und nach der flammenden Rede der Sozialdezernentin des Main-Tauber-Kreises, Elisabeth Krug, von dem Gremium genehmigt. Diese Mittel des Landes, der Ausgleichsabgabe und des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) Baden-Württemberg sind ein weiterer großer Puzzlestein für die Realisierung des Bau- und Betreuungskonzeptes. Das Realisationsziel – sprich die Einweihung der Einrichtung – liegt geplant im Herbst 2019. Dann wird es 24 Plätze in vier betreuten Wohngruppen geben. Hinzu kommt ein Platz für eine Kurzzeitbetreuung. Die vier Appartements sollen für „Trainingswohnen“, das ambulant betreute Wohnen oder inklusives Wohnen mit Menschen ohne Behinderung eingesetzt werden. Das tagesstrukturierende Angebot richtet sich an 15 erwachsene Menschen, die hilfsbedürftig sind.

 

Das Besondere an dem Investitionsprojekt ist, dass alle „Fraktionen“ an einem Strick gezogen haben. Zunächst war Eigentümer Wolfgang Klotzbücher mit seiner Familie bereit, das Gelände, das im Zentrum von Bad Mergentheim zwischen Eichendorffstraße und Mühlwehrkreisel liegt, für ein sinngebendes, soziales Engagement zu verkaufen. Im April 2016 wurde der Verkauf bestätigt. Seit dieser Zeit ist das Projektteam der Johannes-Diakonie dabei, die Fäden zu vernetzen. Mit dem geistlichen Wort von Pfarrerin Regina Korn (Evangelische Kirchengemeinde Bad Mergentheim) und Pfarrer Richard Lallathin der Johannes-Diakonie Mosbach demonstrierte sich wohltuend die erste große Gemeinschaftsaussage: Das Projekt wird konfessionsübergreifend positiv begleitet. Pfarrer Lallathin griff tief in die Historie und heraus kam eine glückliche Gemeinsamkeit. Bad Mergentheim besitzt eine heilende Quelle. Mosbach hatte bis zum Sommersturm 1815 auch eine. Während in Bad Mergentheim aufgrund der Quelle ein erfolgreiches Kur- und Heilwesen gewachsen war, wurzelte die Johannes-Diakonie ab 1880 genau auf dem Grund- und Boden der ursprünglichen Heilquelle. Der gemeinsame Nenner beider Städte sei das Wohl von kranken und/oder behinderten Menschen. Nach den Fürbitten und einem Segen für den Bau und das Gelingen des Projektes übernahm Jörg Huber, Vorstand der Johannes-Diakonie Mosbach auch im Namen des Vorstandsvorsitzende Dr. Hanns-Lothar Förschler das Mikro und begrüßte alle Ehren-Gäste und Mitarbeiter. Sein Dank galt allen Menschen, die zum Gelingen des Projektes schon jetzt beigetragen haben und dies noch tun werden. Besonders froh ist er über die Zusammenarbeit mit der Caritas, denn sowohl im gerade begonnenen Projekt am Standort als auch in dem geplanten Werkstättenbau in Bad Mergentheim werden beide Organisationen auch zukünftig eng zusammenarbeiten. Ein Blasensemble junger Musiker der städtischen Musikschule Bad Mergentheim umrahmte mit drei Stücken den feierlichen Teil des „Spatenstiches“. Professor Dr. Wolfgang Reinhart, MdL, CDU-Fraktionsvorsitzender im baden-württembergischen Landtag freute sich besonders über darüber, dass hier Demokratie auch im Sinne von Solidarität mit Menschen die hilfsbedürftig sind, mit Leben erfüllt wird. Das Projekt wird eine gute Energie des menschlichen Miteinanders als Selbstverständnis fördern. Lebensqualität, Individualität, Würde – alle diese Werte decken sich mit dem demokratischen Auftrag, der hier mit Fördergeldern aus den verschiedenen Töpfen unterstützt wird. Seinen Respekt schenkte er der Johannes-Diakonie, die sich für über 7.000 Menschen aktiv fördernd stark macht. Der Spatenstich passt in die Zeit, denn das neue Bundesteilhabegesetz wird gerade in Baden Württemberg beraten. Im Anschluss überbrachte Elisabeth Krug die besten Wünsche von Landrat Reinhard Frank. Wohnunterstützung und Teilhabe am gemeinsamen Leben liegen ihr sehr am Herzen. Sie freute sich über den zukunftsfähigen Wandel: „Weg von der Fürsorge, hin zur Teilhabe!“ Die gute Zusammenarbeit von Caritas und Johannes-Diakonie wird somit nach Wertheim und Lauda auch in Bad Mergentheim fortgesetzt. Die Eingliederungshilfe sei im Aufbruch und die Regeln würden gerade dafür neu geschrieben. Sie konnte sich noch gut an den 9. März 2017 erinnern als sie das Projekt den Fördergremien ans Herz gelegt hatte. Es sei ein „Tag der Freude“ für sie gewesen. Bei der Erinnerung unterbrach Vorstand Jörg Huber kurz, um den Zuschauern zu beschreiben, dass sie ein unwiderstehliches Plädoyer gehalten habe, dem die Projektvorsteller nur noch zustimmen konnten. Oberbürgermeister Udo Glatthaar bedankte sich für das Lob, dass seine Mitarbeiter bekommen hatten, denn bis zum Spatenstich waren schon jede Menge Hürden gemeinsam übersprungen worden. Er freue sich sehr, dass Wolfgang Klotzbücher das Gelände zu moderatem Preis der Johannes-Diakonie übergeben hatte. Damit habe er nachhaltig soziales Engagement bewiesen und ein wichtiges Zeichen gesetzt. Dieses Geländes wird bald mit Leben erfüllt sein und ein soziales Leuchtturmprojekt mehr in Bad Mergentheim darstellen. Der neue Glanz wird hervorragend in die ganzheitliche Stadtentwicklung passen, denn das Wohnen im Innenstadtraum ist ein wichtiger Garant für die Erhaltung der Versorgungsangebote und der Lebensqualität. Wolfgang Riehle (Architekturbüro Riehle+Assoziierte) knüpfte hier direkt an, dass es wichtig sei, Brachflächen so schnell wie möglich wieder einer neuen zukunftsfähigen Nutzung zuzuführen. Das sei hier gelungen. Mit dem Flächenrecycling beginne ein neuer Lebenszyklus. Er freue sich schon auf die neuen Gebäude, die sich in das gewachsene Umfeld auch mit Flachdach sehr gut einfügen werden. Tobias Albrecht (Regionale Geschäftsführung MTO) ist der Projektverantwortliche bei der Johannes-Diakonie in Mosbach. „Halbzeit“ sei der Spatenstich bis zur Fertigstellung der Gebäude. „Der soziale Raum“ beginne jedoch erst danach. Die Johannes-Diakonie wolle hier „Zuhause“ sein und mit der direkten Nachbarschaft einen neuen Raum der Teilhabe am Leben erschaffen. Dafür müsse natürlich noch viel Baumaterial, viel Papier und viel Energie eingesetzt werden. Heute jedoch sei ein echter Grund zu feiern und Danke an alle Projekt-Partner zu sagen. Oberbürgermeister Glatthaar habe ja die weitere Unterstützung versprochen, darauf werde man sicher zurückkommen. Dr. Förschler lud daraufhin die Gäste ein, den Spatenstich gemeinsam zu vollziehen und danach der Einladung zur Suppe zu folgen. Einem frohen Ausklang in sonniger Frühlingsluft stand nichts mehr im Wege.

 

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