Die Dinkelsbühler Knabenkapelle fasziniert mit Musik und diszipliniertem Auftreten

Dinkelsbühl (LZ). Die Dinkelsbühler Knabenkapelle gehört zu Dinkelsbühl wie die Altstadttore und die idyllischen Ecken. Sie ist ein Stück Tradition. Die Buben der Kapelle sind bei ihren Auftritten nicht nur ein Ohrenschmaus, sondern auch eine Augenweide in ihren schmucken weiß-roten Rokokouniformen. Derzeit sind es über 100 Aktive zwischen 8 und 20 Jahren, die in Uniform bei den Auftritten dabei sind. Den Wunsch, Teil der Knabenkapelle zu sein, teilen viele Dinkelsbühler Jungen. Eine Mehrzahl von ihnen hat bereits durch die Familie Bezug zur Musikgruppe und so kommen jedes Jahr etwa zehn bis 20 Neulinge dazu. Seit 2013 ist die umgebaute ehemalige Stadtmühle aus dem 14. Jahrhundert das neue Domizil der Dinkelsbühler Knabenkapelle.

Die gesamte Dinkelsbühler Knabenkapelle vor der Stadtmühle. Foto: privat

Die Ausbildung der Buben

Im jüngsten Alter absolvieren die Buben eine Ausbildung bei der Knabenkapelle und sind dann bei Auftritten dabei. Foto: Ingrid Wenzel

Die Ausbildung in der Knabenkapelle läuft ähnlich ab wie an einer Musikschule und beginnt jedes Jahr im September. Die Buben kommen im Alter zwischen sechs und neun Jahren zur Trommelausbildung. Das ist eine musikalische Grundausbildung, die maximal zwei Jahre dauert. Circa 20 Buben befinden sich immer in dieser Ausbildung. Mit neun Jahren geht es dann in den Einzelunterricht. Dabei lernen sie das Instrument, das sie längerfristig spielen möchten, beispielsweise Trompete, Klarinette, Saxofon oder auch Schlagzeug. Jede Woche lernen die Buben eine halbe Stunde das Spielen auf diesem Instrument. Je nach Talent und Fleiß geht diese Ausbildung ein bis drei Jahre, bis sie das kleine Repertoire der Marschmusik beherrschen.
Die Ausbildung läuft parallel zu dem Dienst, den die Jungen als Marschtrommler in der Knabenkapelle absolvieren. In der Regel sind sie da schon bei Auftritten dabei, aber eben nur mit der Marschtrommel. Gleichzeitig lernen sie dann ihr eigentliches Hauptinstrument, das meistens ein Blasinstrument ist.
Nach dieser Ausbildung geht es sehr individuell und flexibel weiter, da es ein weites Spektrum an Talenten gibt. Hier wird dann auch Gruppenunterricht angeboten. „Es ist eine wichtige Aufgabe, alle Buben unter einen Hut zu bekommen, so dass sie gemeinsam Musik machen können, ohne aufeinander herabzuschauen“, erzählt Paul Lechner, musikalischer Leiter und Musiklehrer der Knabenkapelle.

Paul Lechner ist musikalischer Leiter und Musiklehrer der Knabenkapelle. Foto: privat

Jede Woche finden vier Orchesterproben auf vier verschiedenen Leistungsstufen statt. Die erste Stufe ist das Anfängerorchester. Hier sind die Buben dabei, die schon ein bis zwei Jahre auf einem Instrument gespielt haben. Voraussetzung sei das Spielen von Achtelnoten. „Die Buben des Anfängerorchesters haben noch keinen offiziellen Auftritt mit dem Blasinstrument in Uniform, sondern nur einen Auftritt an der Jahresabschlussfeier“, so Lechner. Die zweite Stufe, also das B-Orchester, muss das einfachste Repertoire für die Knabenkapelle beherrschen und spielt Straßenmusik. Die Buben in der dritten Stufe, dem Großorchester, spielen Konzertliteratur und das A-Orchester spielt ausgesuchte Konzerte. Die letzten beiden Stufen liegen allerdings eng beieinander und vermischen sich teilweise auch. „In diesem Jahr vor dem Osterkonzert habe ich bei einer Probe zum ersten Mal drei Orchester zusammengeführt, damit die Kleinen auch mal hören wie es ist, wenn die Besten mitspielen“, sagt der Musiklehrer.

Auftritte der Knabenkapelle

Der Jahreshöhepunkt der Knabenkapelle Dinkelsbühl ist stets die Kinderzeche. Hier treten die Buben etwa zehn Mal auf. Zusätzlich hat die Kapelle vier bis sechs weitere Auftritte in Dinkelsbühl zu verschiedenen Anlässen, seien es Stadtkonzerte im Stadtpark oder Jubiläen von Vereinen oder Firmen. Auch im weiteren Umkreis, wie im sieben Kilometer entfernten Wilburgstetten oder bei der Landesgartenschau in Wassertrüdingen, sind die Buben zu sehen. Einmal im Jahr geht es sogar zu Auslandsgastspielen, was für die Jungen etwas ganz Besonderes ist. „In diesem Jahr geht es nach Südfrankreich zu einem sehr beliebten Musikfestival. Wir wurden über eine Musikagentur dafür engagiert, die Musikkapellen aus ganz Europa einladen“, freut sich Paul Lechner. Die meisten Auftritte laufen über die Stadt Dinkelsbühl, da die Knabenkapelle eine städtische Institution ist.
Das größte Highlight bisher war für die Buben die Steubenparade in Amerika 2018. Dabei handelt es sich um einen traditionsreichen Umzug, der jedes Jahr am dritten Samstag im September auf der Fifth Avenue in New York City stattfindet. Das ist eines der größten Ereignisse im deutsch-amerikanischen Festkalender. Tausende von Zuschauern bejubeln die vielen Gruppen aus den USA, ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der komplette Central Park wird zu einem Oktoberfest umfunktioniert. Neben der Steubenparade war laut Lechner auch das Gemeinschaftskonzert mit dem Windsbacher Knabenchor im letzten Jahr ein tolles Ereignis.
„Einen großen Teil der Kosten, vor allem bei Auslandsgastspielen, übernimmt der Förderverein, indem er Sponsorengelder auftreibt. Auch die Stadt und der Elternbeirat steuern immer etwas bei, aber ein gewisser Eigenanteil ist nicht zu umgehen. Oft wird ein Teil auch mit dem Guthaben bezahlt, das sich die Jungen selbst erspielen.“, erklärt der musikalische Leiter.

In ihren schmucken weiß-roten Rokoko-Uniformen sind die Buben eine Augenweide. Foto: Ingrid Wenzel

Geschichtliche Hintergründe

Die Dinkelsbühler Knabenkapelle blickt auf eine lange Tradition und Geschichte zurück. Im Jahr 1552 war die erste Erwähnung der „Buben Bauckenschläger“. Eine kontinuierliche Entwicklung bis zum 19. Jahrhundert kann allerdings nicht nachgewiesen werden. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden zwar immer wieder Musikanten bei der Kinderzeche erwähnt, die aber nichts mit der späteren Knabenkapelle zu tun haben. Die tatsächlichen Vorläufer sind die Trommler, die erstmals im Jahr 1848 aktenkundig wurden. Die Knabenkapelle, wie man sie heute kennt, wurde 1868 vom Stadtkantor Weygand gegründet. In diesem Jahr zählte die Kapelle 20 Buben. Nach den beiden Weltkriegen 1918 und 1945 war der Wiederaufbau schwierig, dennoch fanden sich immer wieder Leute, die mit Unterstützung der Stadtverwaltung die Knabenkapelle zu neuem Leben erweckten. Bis 1939 stieg die Zahl der Aktiven auf circa 40 Buben an. 1960 wurden dann schon etwa 50 Musiker erreicht und heute sind es über 100. Dies ist eine enorme Leistung aller bisherigen Musikmeister und -lehrer sowie der Stadt Dinkelsbühl. Alles wäre aber ohne die Bereitschaft der Buben, die sich der langen musikalischen Ausbildung unterziehen, nicht möglich.

Derzeit sind über 100 Aktive bei der Knabenkapelle dabei. Foto: privat

    Related Posts

    Knapp 4 Millionen Euro für die Wasserver- und Abwasserentsorgung
    Großes Voltigierturnier bei den Pferdefreunden Dinkelsbühl-Lohe
    Großer Malwettbewerb zum Kinderstück „Die Biene Maja“