Nach dem Düngemittelunfall an der Jagst wurden nun landesweit alle infrage kommenden gewerblichen Anlagen in Gewässernähe erhoben, bei denen mit wassergefährdenden Düngemitteln umgegangen wird. Sie wurden auch im Hinblick auf die ordnungsgemäße Lagerung der Düngemittel und die ausreichende Löschwasserrückhaltung überprüft. Im Main-Tauber-Kreis ist die Gewerbeaufsicht im Umweltschutzamt des Landratsamtes für die Überprüfung zuständig.
Die von den Landhandelsunternehmen vertriebenen mineralischen Dünger sind vorwiegend Salze, die aus natürlichen Lagerstätten abgebaut oder synthetisch hergestellt werden. Entsprechend der Zusammensetzung dieser Dünger werden sie in so genannte Wassergefährdungsklassen (WGK) eingeteilt. Ammoniumnitrat, Harnstoff und Kaliumchlorid sind zum Beispiel als schwach wassergefährdend mit der WGK 1 eingestuft. Das Gefährdungspotenzial des gelagerten Düngemittels richtet sich zum einen nach der Gefährlichkeit des gelagerten Stoffes und zum anderen nach den gelagerten Mengen.
„Wie die Überprüfung bisher ergab, werden die festen Dünger sowohl als lose Schüttung als auch in Säcken oder so genannten Big Bags abgepackt gelagert. Die überwiegende Lagerung findet in Gebäuden statt. Big Bags werden oft auf Paletten im Freien unter Vordächern gelagert. Flüssigdünger wird nach Bedarf in sogenannten IBC-Behältern bevorratet, die überwiegend im Freien stehen“, sagt Ludwig Hasenfuß, Sachgebietsleiter der Gewerbeaufsicht beim Umweltschutzamt des Landratsamtes. Bei der Lagerung von Düngemitteln sind unter anderem baurechtliche, wasserrechtliche, düngemittelrechtliche und gefahrstoffrechtliche Bestimmungen zu beachten.
Im Main-Tauber-Kreis sind insgesamt 16 Betriebsstätten betroffen. Bei den bereits durchgeführten Überprüfungen wurde festgestellt, dass die Lagerhallen für Düngemittel vor allem in den Jahren 1960 bis 1980 für Getreide- und Düngemittellagerung genehmigt wurden. Die gelagerten Mengen bewegen sich zwischen 25 und mehreren tausend Tonnen.
Die überwiegende Anzahl der Lagerhallen verfügen nicht über eine eigene betriebliche Löschwasserrückhalteeinrichtung. Im Brandfall kann deshalb Löschwasser über die Bodenabläufe in den Abwasserkanal gelangen, wo es dann bestenfalls im Regenrückhaltebecken der betroffenen Kläranlage zurückgehalten wird. „Je nach Lager- und Standortbedingungen besteht jedoch auch die Gefahr, dass das Löschwasser direkt in ein Gewässer abläuft“, sagt Hasenfuß. In diesen Fällen müssen die Betreiber die Anlagen zur Lagerung von wassergefährdenden Düngemitteln nachrüsten und ausreichende Löschwasserrückhalteeinrichtungen schaffen.
Der Grund für die Kontrollmaßnahmen ist der Vorfall, der sich vor einem Jahr im Landkreis Schwäbisch Hall ereignete. Hier kam es zu einem Brand eines Lagergebäudes, in dem auch ammoniumnitrathaltige Düngemittel gelagert wurden. Das Löschwasser wurde durch das Ammoniumnitrat kontaminiert und gelangte in die Jagst. Dort führte die Schadstofffahne über weite Strecken zu einem massenhaften Fischsterben und erheblichen Umweltschäden. Die Düngemittellagerung war den zuständigen Behörden bis zum Brandereignis nicht bekannt. Vorkehrungen zur Rückhaltung von Löschwasser waren vom Betreiber des Lagers nicht in ausreichendem Umfang getroffen worden. lra