Wir haben uns!

Feuchtwangen. Mit einem mitreißenden Finalsong (Musik: Michael Reffi) endete die erste Vorstellung des diesjährigen Familienstücks „Das Dschungelbuch“  im Kreuzgang. Die Botschaft ist klar: Nur gemeinsam ist die Dschungelgemeinschaft stark genug, den bösen Tiger Shir Khan (gespielt von Mario Schnitzler) zu besiegen. Der Tiger steht dabei für jegliche Art von Bedrohung; er ist egoistisch, grausam und gefährlich. Die Harmonie des Dschungels wird durch sein Auftreten empfindlich gestört. Zunächst geht es den Tieren nur darum, das Menschenkind Mogli (Juliane Krug) in Sicherheit zu bringen. Auf Mogli, die in einem Wolfsrudel im Dschungel aufgewachsen ist, hat es der Tiger abgesehen. Moglis Wolfseltern Akela (Jan-Hendrick Wagner) und Raksha (Meike Pintaske) wollen ihre Ziehtochter beschützen; der Panther Baghira (Niklas Kappler) soll das Mädchen in Sicherheit bringen. Doch wohin? Auf ihrer Flucht begegnen sie Balu (Jaes Gärtner), dem Affenkönig King Chumpy (Jan-Hendrik Wagner) und seinem Affenvolk (Meike Pintaske und Mario Schnitzler) und der Schlange Madame Kaa (Meike Pintaske). Kein Ort scheint sicher genug zu sein. Die Tiere scheinen zu schwach, um die Bedrohung abwenden zu können. Doch plötzlich wird den Tieren klar – das ist eine Schlüsselszene im Stück – dass der Tiger nur mächtig ist, wenn alle Angst vor ihm haben, wenn jeder Dschungelbewohner und jede Dschungelbewohnerin für sich allein kämpft. Die Kraft der Gemeinschaft ist die Lösung, die Erlösung. Die Feuchtwanger Textfassung des „Dschungelbuchs“, die sich nur in Einzelelementen an den über 100 Jahre alten Geschichten von Rudyard Kipling orientiert, stammt von Lennart Matthiesen, der auch Regie geführt hat. Die Texte Rudyard Kiplings sind in einer Epoche entstanden, in der das „British Empire“ fast die gesamte Welt umspannte und der indische Subkontinent eine riesige britische Kolonie war. Kiplings Zeit war die des Imperialismus. Die Auffassung, dass der Stärkere stets über den Schwächeren siegt und dass das Leben ein Kampf ist, schwingt so in den Originalgeschichten stets mit. Umso wichtiger ist es, die wunderbare Geschichte um das Aufwachsen eines Menschenkindes inmitten der wilden Natur des Dschungels behutsam in die Gegenwart zu bringen. Das ist Lennart Matthiesen gelungen. Die Feuchtwanger Fassung enthält auf der einen Seite Originalverse von Rudyard Kipling wie das „Schlummerlied der Robben“, mit dem Balu Mogli in den Schlaf singt, aktualisiert auf der anderen Seite aber das heute etwas grausam anmutende „Gesetz des Dschungels“ in dem Sinne, dass das Kräftegleichgewicht in der Dschungelgemeinschaft nicht über den Kampf und das Töten erreicht wird, sondern mithilfe eines gegenseitigen Verständnisses für die Andersartigkeit jedes Lebewesens, das jedes für sich in seiner Einzigartigkeit seinen Beitrag in der Gemeinschaft leistet. Zentral ist der Respekt untereinander und nicht die Demonstration von Überlegenheit und Stärke.
Den grünen Feuchtwanger Bühnen-Dschungel mit umgestürzter Palme und lebendigen Pflanzen hat Werner Brenner entworfen. Die schillernden und fantasievollen Kostüme stammen von Heike Engelbert. Den mitreißenden Soundtrack zum Dschungel-Geschehen hat Michael Reffi komponiert. Die Choreografien hat Konstantin Krisch erdacht. Dramaturgin des Stückes war Maria Wüstenhagen.
„Das Dschungelbuch“ eröffnet die 75. Spielzeit der Kreuzgangspiele. Es ist ab jetzt bis zum 11. August in Feuchtwangen zu sehen. Alle Vorstellungstermine und Karten gibt es auf www.kreuzgangspiele.de

Bilduntertext: Das Foto zeigt Juliane Krug (Mogli), Mario Schnitzler (Shir Khan). Foto: Nicole Brühl