Die letzten Seemeilen und ein Unglück mit Folgen – Tender Main muss zur Generalüberholung

Wertheim. Ab August wird der Tender Main zur Generalüberholung für eineinhalb Jahre auf Werft liegen. Im Mai verließ das Patenschiff der Stadt Wertheim seinen Heimatstützpunkt deshalb zu einer Art Abschiedstour. Das Vorhaben, bei einem Zwischenstopp eine knapp 30-köpfige Delegation der Stadt Wertheim zur Kieler Woche begrüßen zu können, scheiterte allerdings kurzfristig. Über die letzten Seemeilen und ein Unglück mit Folgen berichten Mitglieder der Tender-Besatzung: Der Tender Main ist ein U-Bootunterstützungs- und rettungsschiff, das in Eckernförde (Schleswig-Holstein) seinen Heimathafen hat. Seit 1963 pflegen die Wertheimer und der Tender Main eine herzliche Beziehung mit wechselseitigen Besuchen. Die Pandemie hat, wie in allen Lebensbereichen, auch dieses Verhältnis auf Abstand gehalten. Im August wird der Tender Main für eineinhalb Jahre zur Generalüberholung in die Werft verlegen. Es wurde eine letzte Seereise mit vielen verschiedenen Aufträgen angesetzt. Das Schiff verließ seinen Heimatstützpunkt im Mai, um auf große Fahrt in norwegische Gewässer zu verlegen. Dort unterstützte der Tender Main ein deutsch-norwegisches U-Bootmanöver. Danach fuhr das Patenschiff in die Ostsee und besuchte Lettland, Estland sowie Schweden, um dort als diplomatischer Vertreter Deutschlands ein Signal der Verbundenheit und Freundschaft zu setzen. In Wertheim war die Freude groß über die Einladung des Kommandanten, Korvettenkapitän Martin Rose, das Schiff während dieser „letzten Reise“ im Norden zu besuchen. Der Kommandant hatte entschieden, dass er diese Reise trotz Corona und vieler Aufträge gemeinsam mit den Freunden aus der Patenstadt zu einem großartigen Abschluss führen wolle. So plante das Patenschiff einen Zwischenstopp auf der „Kieler Woche“, der größten maritimen Veranstaltung Norddeutschlands, zu machen und knapp 30 Bürger der Stadt Wertheim an diesem Erlebnis teilhaben zu lassen. Langjährige Unterstützer und Förderer der Patenschaft waren zu diesem Besuch eingeladen. Darunter viele Familien, die Gastgeber für die „Marine-Jungs und Mädels“ während deren zahlreichen Besuche in Wertheim waren. Die Besatzung des Tenders hatte ein abwechslungsreiches Programm für die Wertheimer vorbereitet und sich auf glückliche Gesichter gefreut. Doch es kam alles anders. Das Unglück passierte auf See einen Tag vor der Anreise der Wertheimer. Während einer routinemäßigen Ronde (dabei werden Bereiche des Schiffes durch Bordtechniker auf etwaige Fehler oder Schäden kontrolliert) wurde ein signifikanter Schaden entdeckt. Die Besatzung musste durch Alarmklingel aus dem Schlaf gerissen werden. Der Kommandant befahl sie über die Schiffslautsprecheranlage zur Schadensabwehr auf die Gefechtsstationen. Schnelles Handeln war erforderlich und an eine unbeschwerte Weiterfahrt nicht mehr zu denken. Mitten in der Nacht musste die Patenstadt benachrichtigt werden, dass das Schiff wegen des anhaltenden Problems nun direkt in den Heimathafen Eckernförde einlaufen muss. Die meisten Mitglieder der Wertheimer Reisegruppe erfuhren davon erst frühmorgens, als sie sich voller Vorfreude am Spitzen Turm in Wertheim zur gemeinsamen Busfahrt nach Kiel einfanden. Kein Wiedersehen im Norden, keine Seefahrt nach Kiel und keine gemeinsame Zeit auf der „Kieler Woche“ – alle Pläne mussten abgesagt werden. Traurig, aber voller Verständnis, kehrten die Wertheimer nach Hause zurück. Die Mitglieder des Nassiger Reservistenkameradschaft Volker Unger, Tobias Unger und Philip Uebe entschieden spontan, mit dem eigenen Fahrzeug nach Norden zu fahren und die Kieler Woche auf eigene Faust zu besuchen. Davon erfuhr die Besatzung des Tender Main durch Telefonate mit den Patenfamilien und setzte jetzt alle Hebel in Bewegung, um den drei Freunden eine Unterkunft am Marinestützpunkt Eckernförde zu besorgen. Sie sollten wenigstens ein paar schöne Tage nahe der Besatzung und in maritimen Flair verbringen können. Zur Begrüßung wurden die drei Kameraden aus Wertheim zum abendlichen Besatzungsgrillen eingeladen. Das Wiedersehen war herzlich und die tiefe Verbundenheit spürbar. Ein Teil der Besatzung begleitete die drei Besucher auf die Kieler Woche. Gemeinsam besuchte man Schiffe verschiedener Nationen und verbrachte eine ausgefüllte Zeit in der Hauptstadt Schleswig-Holsteins. Die Besatzung des Tenders war sehr darum bemüht, den Wertheimern einen schönen Aufenthalt zu ermöglichen. Am Tag der Abreise waren Volker und Tobias Unger und Philip Uebe noch zum Abschieds-Brunch an Bord eingeladen. Nach der offiziellen Verabschiedung durch den Kommandanten, Korvettenkapitän Martin Paul Rose, traten sie voller schöner Eindrücke die achtstündige Heimfahrt an. Der Schaden an Bord des Schiffes ist inzwischen behoben. Der Tender Main und seine Besatzung konnte wieder auslaufen und seinen Auftrag fortsetzen.

 

Bilduntertext: Letzte Seereise des Patenschiffes Tender Main, bevor es zur Generalüberholung für eineinhalb Jahre auf Werft liegt. Foto: Tender Main