Hintergründe, Tipps und Vorträge zur Veranstaltung am 14. April in der Main-Tauber-Halle
Wertheim. Der Obst- und Gartenbauverein Wertheim Sachsenhausen hat die Organisation des 3. Saatgutfestivals in der Region übernommen. Vereinsvorsitzender Bernd Weigand und Schriftführerin Susanne Vollharth stellten mit Jens Rögener, Stadt Wertheim, die neuesten Entwicklungen und Angebote im Rahmen des Festivals vor. Jens Rüger hatte sich im letzten Jahr noch stark um die Realisation kümmern können aber die aktuellen Aufgaben im Rahmen vieler neuer Baugebiete sind dringlicher und so freut er sich mit welchem Engagement der Verein und Bernd Weigand die Vorbereitung und Durchführung verantwortet.
Worum geht es eigentlich bei einem Saatgutfestival?
Bernd Weigand: Das grundsätzliche Ziel ist es Artenvielfalt zu erhalten, beziehungsweise zu stärken. Durch das Betreiben von Landwirtschaft unter hohen Effektivitätsdruck sind viele Pflanzenarten verloren gegangen. Mit nur noch circa 100 Kulturpflanzen werden 90 Prozent der Welternährung abgedeckt. Nach der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen; Food and Agriculture Organization ( UNO ) FAO sind in den letzten 100 Jahren fast 75 Prozent der Vielfalt der Kulturpflanzen verloren gegangen.
Warum hat sich da etwas grundsätzlich verändert?
Bernd Weigand: Das Problem ist, dass große Konzerne, die Aussaaten herstellen, sich in den Kopf gesetzt haben, durch Patentierungen den freien Handel von Saatgut einzuschränken. Es geht darum die Vorherrschaft und die Verfügungsmacht zu erreichen. So wurde versucht ein Patent auf Brokoli anzumelden. Zwischenzeitlich wurde das zurückgezogen. Aber dieses grundsätzliche Ansinnen der Konzerne hat in Kanada schon konkrete Probleme bereitet. Ein konventioneller Bauer hatte sein Feld Raps neben einer patentierten Raps-Aussaat. Die Bienen haben das veränderte Saatgut durch Bestäubung auf das Nachbarfeld gebracht. Der Hersteller hat die Ernte auf das genetisch veränderte, patentierte Gen geprüft und wollte dann sogar anteilig eine Patentgebühr erheben. Das ist abgewendet worden, aber der Vorgang zeigt, wie wichtig es ist, das Saatgut als frei verfügbares Material zu erhalten. Eine Saat wurde über Jahrzehnte weiter entwickelt und die letzte Entwicklung zu patentieren, ist keine korrekte Handlung.
Welchen Beitrag kann ein Saatgutfestival leisten?
Bernd Weigand: Zunächst kommen die Menschen mit dem Sinn für Nachhaltigkeit in eine Halle und können sich so „befruchten“. Wir bieten über einen Saatgut-Tausch-Tisch die Möglichkeit, Samen verschiedenster Pflanzen auszutauschen. Hier geht es um samenfestes Saatgut.
Was ist bitte samenfestes Saatgut?
Bernd Weigand: In der Landwirtschaft werden oft Hybride eingesetzt. Hybride sind Kreuzungen von Eigenschaften, die sich aber nur in der ersten Aussaat stabil entwickeln. Die Samen dieser Pflanzen trennen sich in der nächsten Aussaat wieder in die Ursprungseigenschaften. Zum Beispiel könnten die Eigenschaften kurzer Stengel und schweres Korn bei einem Getreide im Regen von großem Vorteil sein. Als Hybrid lässt sich die Ernte aber nicht für eine weitere Aussaat nützen. Bei samenfestem Saatgut wurden von zum Beispiel von der größten und schönsten Tomate eben das Samenkorn geerntet und dieses kann dann im nächsten Jahr wieder neue Tomatenpflanzen mit schönen großen Tomaten ermöglichen. Hier wird die Auslese der besten beziehungsweise stärksten Pflanze weiter gegeben.
Dem Thema Nachhaltigkeit und Natur wollen Sie mit dem Festival Raum geben?
Bernd Weigand: Ja genau. Es geht uns darum die Menschen hier in der Region immer mehr für das Thema aufzuschließen und ihnen unsere regionalen Schätze anzubieten. Deshalb konnten wir auch 36 Aussteller zum Mitmachen bewegen. Es sind reine Saatgut-Anbieter mit dabei. Aber auch Anbieter von vielen Themen rund um Saat, Garten und Ernährung. Die Aussteller zahlen keine Standmieten, denn die Stadt Wertheim unterstützt auch weiterhin die Idee. Jens Rögener bleibt als geistiger Vater im Hintergrund weiter aktiv. Außerdem ist Markus Wild, REWE Wild OHG Wertheim und Kreuzwertheim, der Hauptsponsor, der durch seine Unterstützung die Werbung ermöglicht. Die Veranstaltung erhebt keinen Eintritt.
Bernd Weigand sprach begeistert vom kommende 3. Wertheimer Saatgutfestival
Was genau ist geplant?
Bernd Weigand: Als Auftakt wird am Donnerstag dem 11. April um 19.30 Uhr im Roxi-Kino eine Reportage über das Thema vorgeführt: „Unser Saatgut: Wir ernten, was wir säen: Wie gefährdet ist die Vielfalt des weltweiten Saatgutes? Taggart Siegel und Jon Betzt dokumentieren den Kampf um 12.000 Jahre altes Nahrungsmittelerbe. Der Filmdauer sind 98 Minuten und der Eintrittspreis ist 6,50 Euro.
Wie kann ich mir das Saatgutfestival vorstellen?
Bernd Weigand: Die Hauptattraktion wird die Anhäufung von guter Qualität von Nahrungsmitteln und Samen wie Pflanzen sein. Es wird Verkaufsstände für Kräuter- und Gemüsesaatgut, Jungpflanzen, vielerlei regionale kulinarische Spezialitäten, Naturholzprodukte, Flechtarbeiten, Gartenbücher, Gartentechnik und mehr geben. Es gibt Informationsstände zu den Themenfeldern Saatgut, Gärtnern, Imkerei sowie eine Ausstellung zu Getreide- und Bohnensorten. Hinzu kommt ein Bio-Angebot für das leibliche Wohl. Die beiden Obst- und Gartenbauvereine Nassig und Sachsenhausen laden ab 11.30 Uhr zu familienfreundlichen Preisen zum reichlichen Mittagessen ein. Auch Kaffee und selbstgebackene Kuchen sind in Vorbereitung. Auf der Speisekarten stehen Wildgerichte, Wiener mit Brot und ein leckerer vegetarischer Gemüse-Eintopf. Es sind reichliche Sitzplätze aufgestellt, damit die Gäste sich wohlfühlen und das Essen genießen können.
Gibt es auch ein Vortragsprogramm am Sonntag zwischen 11 und 17 Uhr?
Bernd Weigand: Für den Messetag konnten sechs Referenten gewonnen werden. Um 11 Uhr spricht Claudia Freisinger über die „Pflanzenpower vor der Haustüre – Heilpflanzen“. Um 12 Uhr stellt Dipl. Ing. Gunter Häcker die Wichtigkeit von „Pflanzenkohle und Terra Preta“ vor. Jonas Gampe startet um 13 Uhr mit dem Thema „Permakultur im Hausgarten“. Der Fokus auf „Altes Gemüse neu entdeckt“ bringt Barbara Keller (Open House) ab 14 Uhr auf den Punkt. Landschaftsarchitekt Michael Maier plädiert für blühende Vorgärten und gegen Steinwüsten um 15 Uhr. Diplombiologin Elke Böhm packt um 16 Uhr das Thema „Vielfaltsgarten – Wildkräuter von Gundermann, Gänseblümchen und Giersch“ an.
BlickLokal wünscht Ihrem Engagement viel Erfolg und viele neugierige, aufgeschlossene, hungrige und wertschätzende Gäste.
Interview Beate Tomann
BU: Plakat zum Angebot des Saatgutfestivals Foto: Veranstalter
BU: Bernd Weigand im Gespräch mit BlickLokal freut sich schon auf das Festival am 14. April in der Main-Tauber-Halle in Wertheim. Foto: Beate Tomann
BU: Impressionen vom 2. Saatgutfestival in Wertheim. Foto: Stadt Wertheim
BU: Buntes Treiben rund um Ernährung und Nachhaltigkeit. Foto: Stadt Wertheim
BU: Kleine Pflänzchen mit großer Wirkung. Foto: Stadt Wertheim