110 Jahre Straßennamen in Dinkelsbühl

Ein geschichtlicher Rückblick auf die Namensgebung bekannter Örtlichkeiten

DINKELSBÜHL (PM/AK). Kreuzgäßlein, Kirchhöflein, Weinmarkt & Co – die Straßennamen in Dinkelsbühl sind für viele „ganz selbstverständlich“. Dabei ist es erst 110 Jahre her, dass die Straßen so benannt worden sind.

„Gleich zu Beginn muss die Zahl 110 Jahre etwas revidiert werden, suggeriert sie doch, dass vor dem Jahr 1911 in Dinkelsbühl keine Bezeichnungen für Straßen, Plätze und Gassen existiert haben. Dem ist natürlich nicht so“, stellt Stadtarchivar Maximilian Mattausch klar. Schon von alters her waren für gewisse Straßenzüge und vor allem Plätze, die als Märkte dienten, Namen gebräuchlich. Diese wurden allerdings nicht in den städtischen Registern verwendet. Hier galt bis 1911 eine durchgängige Nummerierung, spiralförmig um die Georgskirche herum.

Nummerierung stieß an Grenzen

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stieß diese Methode der Nummerierung jedoch langsam an ihre Grenzen, waren doch viele Häuser in der Altstadt geteilt oder Scheunen nun als Wohnraum verwendet worden. Außerdem war Dinkelsbühl vereinzelt über die Stadtmauer herausgewachsen. So bemängelte zum Beispiel im Jahr 1901 die königliche Staatsbahn, dass alle ihre Gebäude unter der Nummer 787 geführt würden, was bei der verordneten Inventarisierung der Gebäude zu Problemen führe. Auch in der Abstimmung mit dem königlichen Rentamt (Vorläufer des Finanzamtes), der Polizeibehörde, den Katasterbehörden, dem Grundbuchamt und der königlichen Versicherungskammer, Abteilung für Brandschutz, führte die Nummerierungspraxis zu Problemen. So wurde im Jahr 1909 eine Neunummerierung in Planung gebracht.

Das Foto zeigt das Portal des Gustav-Adolf-Hauses um 1905 mit der alten Hausnummer 206. Damals gab es die jetzigen Straßennamen noch nicht. Seit 1911 und somit seit 110 Jahren hat das Gustav-Adolf-Haus die Adresse Segringer Str. 2. Foto: Stadtarchiv Dinkelsbühl

Tipp aus Nürnberg

Es zeigte sich jedoch relativ schnell, dass dies nicht genügte und zu weiteren Problemen führen könnte. Also erkundigte man sich bei der Stadt Nürnberg, wie dort die städtischen Häuserregister geführt würden. Aus Nürnberg erhielt man die Auskunft, dass jede Straße eigens benannt sei und die Nummern je nach Straßenseite mit geraden und ungeraden Hausnummern versehen worden wären. In der Folge wurde, zu Beginn des Jahres 1910, das Stadtbauamt unter Leitung von Max Neeser vom Stadtmagistrat, mit Bürgermeister Ludwig Sternecker an der Spitzte, beauftragt einen Plan zu erarbeiten, nach dem alle Straßen, Gassen, Plätze und Wege benannt werden sollten. Auf Grundlage dieses Plans wurde dann eine Kommission mit Vertretern des Stadtmagistrats und des Kollegiums des Gemeindebevollmächtigten gebildet, welches darüber beratschlagen sollte. Die Kommission legte ein Gesamtverzeichnis vor, in dem mit genauer Beschreibung festgelegt wurde, welche Straße, welchen Namen tragen sollte. Hierbei wurden althergebrachte Namen wie z.B. Kirchhöflein übernommen, Änderungen wie z.B. Postgasse zu Kreuzgäßlein vorgenommen oder aber ganz neue Namen, wie z.B. Marktplatz, bestimmt.

Namenswünsche konnten geäußert werden

Nun war es an den städtischen Kollegien und der Bevölkerung Anregungen und Änderungswünsche mitzuteilen. Nach Abschluss des Prozesses, so wurde der Weinmarkt z.B. nicht Teil der Rothenburgerstraße (heute Dr.-Martin-Luther-Straße), trat diese tiefgreifende Änderung, nach Mitteilung an die übergeordneten Behörden und deren Genehmigung, zum 01.01.1911 in Kraft. Bis allerdings alle Namen und Hausnummern an den Häusern angebracht waren, sollte es noch einige Zeit dauern. „Wenn man das Verzeichnis von 1911 ansieht, so fällt auf, dass im Laufe der letzten 110 Jahre immer wieder Straßen, Gassen und Plätze umgewidmet wurden“, berichtet der Stadtarchivar.

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