Ponyzucht und Reiterhof mit den irischen Connemara

SCHILLINGSFÜRST/THIERGARTENHOF – Zu Füßen des hoch über ihm thronenden Schlosses von Schillingsfürst haben Anita und Paul Hufnagel vor mehr als 20 Jahren begonnen, sich einen gemeinsamen Lebenstraum zu verwirklichen. Aus einfachsten Anfängen haben beide im Laufe der Jahre aus einem einstigen Jagdhaus und späteren Gutshof ein Connemara-Gestüt mit irischen Ponys aufgebaut.

„Blut und Tränen“ habe es mitunter gekostet, so Anita Hufnagel im Rückblick, bis aus dem maroden Altbestand ein idyllisches Zucht-Gestüt einschließlich Reitschule, Pferdepension und Gästezimmern werden konnte. Beide wohnten zunächst in Brodswinden bei Ansbach und waren über einen Makler auf dieses überaus sanierungsbedürftige Hofgut des Schillingsfürster Fürstenhauses aufmerksam geworden.

Obwohl ohne Toiletten und fließendem Wasser ausgestattet, kaufte das Ehepaar das Anwesen 1994 mit rund fünf Hektar Land, um sich hier eine Pferdezucht mit Tierhaltung aufzubauen, die gleichzeitig als Alterssitz in der fernen Zukunft dienen sollte. Nach ersten umfangreichen Sanierungsmaßnahmen konnte man zwei Jahre später einziehen. Über die Jahre hinweg waren jedoch weitere zahlreiche Renovierungsarbeiten notwendig.

„Das hat schon viel Arbeit gemacht“, erinnert sich Anita Hufnagel, die wie ihr Ehemann „schon mit Pferden und Ponys aufgewachsen“ ist. Beide bezeichnen sich als „Pferdenarren“, welche die Leidenschaft für die so genannten Connemara-Ponys nicht mehr losgelassen hat. Das Hobby sei zum Lebensinhalt geworden, wie beide unisono betonen. Vor allem das freundliche Wesen der keltischen Reitponys einer alten irischen Rasse habe es ihnen angetan.

Mitunter sei man „schon argwöhnisch begleitet“ worden, als man 1996 mit dem Aufbau der Zucht begann. Inzwischen aber fühle man sich heimisch und man wolle nicht mehr weg von diesem geschichtsträchtigen Ort. Der Thiergartenhof liegt an der Straße von Bellershausen nach Schillingsfürst, der beim ersten Anblick so manchen an eine kleine Burg oder Festungsanlage im Tiroler Land erinnert.

Erst bei näherer Betrachtung erkennt man ein Wohnhaus mit Stallungen und Scheunen. Gemäß einer Urkunde gehen die Ursprünge des alten Hofes bis ins Jahr 1771 zurück. Bald feiert das ehemals fürstliche Hofgut also sein 250-jähriges Bestehen. Wohl kaum war das Anwesen einem so gravierenden Wandel unterzogen, wie in den vergangenen zwei Jahrzehnten unter dem Wirken der Familie Hufnagel. Diese haben neben einer Pensionspferdehaltung als Haupterwerb auch eine Pferdezucht mit Reitschule zur Ausbildung von Reiter und Pferd sowie eine Wanderreitstation mit zwei Gästezimmern verwirklicht. Auch eine eigene Landwirtschaft gesellt sich dazu.

Mit der Zucht von Connemara-Ponys wurde bereits 1971 begonnen; diese wurde am Standort Thiergartenhof weiter ausgebaut und intensiviert. Es ist das Bestreben der heutigen Gutsbesitzer, durch selbstgezogene Ponys dieser im In- und Ausland bekannten Zucht auf sich aufmerksam zu machen. Aus einem Zuchthengst mit drei Stuten zum Beginn sind inzwischen drei Hengste (alle hochprämiert) sowie zehn Zuchtstuten geworden. Darüber hinaus gehören 15 eigene Ponys und zahlreiche weitere Pensionspferde – darunter auch andere Rassen- zum heutigen Bestand.

Aus der Zucht gehen pro Jahr durchschnittlich drei bis vier Fohlen hervor. Während die männlichen Ponys ausschließlich in den Verkauf gehen werden die weiblichen Fohlen überwiegend dem vorhandenen Stutenbestand zugeführt. „Die eigene Aufzucht ist uns ganz wichtig“ betont Paul Hufnagel, der früher ein Baugeschäft in Bernhardswinden bei Ansbach besaß. Seine handwerklichen Fähigkeiten kamen ihm jetzt beim Aufbau des Gestüts zu Gute.

2012 war eine neue Reithalle auf einer Fläche von rund 800 Quadratmetern errichtet worden, welche die Möglichkeiten für den Betrieb einer Reitschule optimiert hat. Dort lernen die Reitschüler, die aus der näheren und weiteren Umgebung kommen, nicht nur das Reiten, sondern ebenso den verantwortungsvollen Umgang mit den Tieren. Der Spaß steht dabei im Vordergrund.

Reiten soll „nichts Zwanghaftes“ an sich haben und spielerisch mit eine gewissen Leichtigkeit erlernt werden. Connemaras sind nämlich sehr feinfühlig und werden vor allem mit Gewichts- und Stimmhilfen geritten. Diese sind für jede Sparte der Reiterei geeignet, besonders viel Spaß haben diese beim Springen. Auf dem Thiergartenhof können deshalb auch unerfahrene oder noch ängstliche Reiter ohne Hektik und Druck das Springen erlernen.

Neben einem Reitplatz sowie einer kleinen Longierhalle werden Ausritte in die traumhafte Umgebung von Schillingsfürst angeboten. Longenunterricht für Anfänger und Fortgeschrittene sowie Springunterricht für Anfänger runden das Angebot ab. Die Ponys im Thiergartenhof leben in Offenstallhaltung. Dort gibt es eine Gruppe für Stuten und eine weitere für Wallache und Junghengste.

Dabei entspricht die gemischte Altersstruktur der beiden Herden den natürlichen Lebensbedingungen von Pferden in freier Wildbahn. Sofern es die Witterung erlaubt, dürfen die Ponys auf großzügige Koppeln, deren Hanglage die physische Entwicklung der Ponys optimal unterstützt. Täglicher Menschenbezug, Zufütterung bei Bedarf sowie regelmäßige Gesundheitskontrollen sind dabei selbstverständlich.

Bei der Ausbildung der Ponys wird im Training auch auf die individuellen Bedürfnisse der Tiere geachtet. Die auf dem Gestüt eingerittenen Ponys können „englisch und westernmäßig“ weitergeritten werden. Dabei wird die Basis für die weiterführende Ausbildung der Tiere „sehr sorgfältig und ohne falschen Ehrgeiz oder zu hoch gesteckte Ziele gelegt“, wie die Betreiber versichern. Auch wird in jedem Jahr ein so genannter „Bodenarbeitskurs“ abgehalten.

Wer gerne Urlaub in der wunderschönen Umgebung von Schillingsfürst machen will, kann im Thiergartenhof natürlich auch länger bleiben. Die mittelgebirgsähnliche Landschaft lädt zum Entspannen und Erholen ein. Das Gestüt liegt direkt an der Romantischen Straße, die vom Frühjahr bis in den Herbst hinein bei Motorrad- und Fahrradtouristen gleichermaßen beliebt ist.

Die historischen Städte Ansbach, Feuchtwangen, Dinkelsbühl und Rothenburg ob der Tauber sind maximal eine halbe Autostunde entfernt. Am Thiergartenhof werden Übernachtungen mit Frühstück und in einer Ferienwohnung angeboten. Dort wird es bestimmt nicht langweilig, weil auch zahlreiche andere Tiere wie Hühner, Tauben, Puten, Enten oder selbst zwei Hängebauchschweine sich dort heimisch fühlen.

Auch am Sommerferienprogramm der Stadt Schillingsfürst beteiligt sich der Reiterhof regelmäßig. Richtig was los ist am Thiergartenhof aber alle drei Jahre bei der von der Interessengemeinschaft Connemara-Pony – einem bundesweit agierenden eingetragenen Verein – ausgerichteten Bundesschau. Dieser will einen Überblick über die Zucht in Deutschland verschaffen und setzt sich für den Erhalt und die Verbreitung dieser Rasse ein.

Anita Hufnagel ist die zweite Vorsitzende des Vereins; ihr Mann Paul ist im Zuchtausschuss vertreten. Abwechselnd findet die Schau in Bremen, in Mitteldeutschland und in Süddeutschland statt. Die süddeutsche Schau ist jeweils im Thiergartenhof; die nächste findet dort am Sonntag, den 2. September 2018 mit einem großen Rahmenprogramm wie einer Zuchtschau und diversen Reit- und Schönheitswettbewerben statt.

„Wir brauchen hier keinen Urlaub“, meint Anita Hufnagel und zielt damit auf den großen Erholungswert im und um den Thiergartenhof ab. Zwar lebe man hier irgendwie abseits in seiner eigenen Welt, sei aber nah genug am Leben in der Umgebung. Inzwischen leben die Hufnagels mit Sohn Jürgen –ursprünglich war auch noch Tochter Sonja dabei-, dessen Freundin Romy und der Schwester der Betreiberin „rundherum glücklich“ auf ihrem Hof, der ob seines Erscheinungsbildes mitunter an eine irische Anlage erinnert. Vielleicht auch deshalb fühlen sich die Connemara-Ponys hier so wohl, weil diese sich vielleicht in ihrer irischen Heimat wähnen. Connemara ist nämlich eine bergige Region voller Moore und Steine in Irlands Westen.

 

Text und Fotos Heinz Meyer

 

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