Symposium zum 100. Todestag von Friedrich Hessing am 15.März
Schönbronn/Rothenburg. Begibt man sich auf die Suche nach den Anfängen der modernen Orthopädie, so führt die Spur direkt nach Rothenburg – besser gesagt Schönbronn, ein kleines Dorf, nur wenige Kilometer entfernt von der Tauberstadt. Dort wurde im Jahr 1838 ein Bauernjunge namens Friedrich Hessing geboren. Sein späteres Werk verhalf ihm zu Ruhm und Ansehen in der ganzen Welt. Man kennt ihn heute als den „Pionier der Orthopädietechnik“.
Anlässlich seines 100. Todestages am 16. März diesen Jahres, ist eine Konferenz mit Vorträgen und Ausstellungen geplant.
Am 19. Juni 1838 kam Friedrich Hessing in Schönbronn zur Welt. Die Verhältnisse waren ärmlich, so war sein Vater Handwerker und Bauer, die Mutter Hebamme. Als dreizehntes und jüngstes Kind hatte es der junge Friedrich ohnehin nicht leicht, hinzu kam seine ausgesprochen kleine Körpergröße mit lediglich 1,47 Meter. Dennoch gelang ihm der soziale Aufstieg und wenige Jahre vor seinem Tod wurde er sogar in den bayerischen persönlichen Adelsstand erhoben. Nach Abschluss der Dorfschule begann er eine Gärtnerlehre beim Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-
Schillingsfürst. Zwei Jahre später jedoch wechselte er die Branche und erlernte das Schreinerhandwerk, woraufhin er Orgelbauer wurde. Im Zuge dieser Entwicklung konnte Hessing erste Erfahrungen im Umgang mit Leder und Metall sammeln – zunehmend interessierte er sich für orthopädische Apparate und begann damit zu experimentieren. Eine Leidenschaft war geboren. Damals für eine Firma in Augsburg tätig, kam es, dass er auch dort sein erstes Geschäft eröffnete. Der Schwerpunkt lag auf der Herstellung von künstlichen Gliedmaßen und orthopädischen Hilfsgeräten. Verstärkt wurde sein Interesse durch die dramatischen und herzergreifenden Eindrücke, welche er bei Einsätzen in Notlazaretten sammeln musste. Die zu diesem Zeitpunkt ausgetragenen „Deutschen Einigungskriege“ forderten zahlreiche Opfer, so war es Hessing, welcher mit seinen „Erfindungen“ direkt auf die vorhandene Not antwortete.
Verkannt aber erfolgreich
Während die damalige Schulmedizin Hessing`s Methoden und Erfolge als „Kurpfuscherei“ bezeichnete, so verbreitete sich sein guter Ruf dennoch rasch in alle Welt. Seine Erfolge blieben nicht unbemerkt. Man schätzt, dass der Schönbronner Pionier bis 1903 etwa 60.000 Kranke aus dem In- und Ausland behandelt hatte. Seine Klienten kamen sogar aus Amerika, Ägypten, Peru oder beispielsweise Russland. Bei dieser Art von Kundschaft, aus gehobener Klasse, spielte Geld eine eher weniger zentrale Rolle –die Entlohnung war oft durchaus stattlich. Diesem Fakt ist es zu verdanken, dass Hessing auch mittellose Patienten behandeln konnte – Menschen, deren Behandlungsalternativen meist alles andere als rosig waren. Zur damaligen Zeit war es üblich, dass bei Missbildungen kurzer Prozess gemacht wurde, indem die Knochensäge zum Einsatz kam… Klumpfüße beispielsweise therapierte man auch gerne mit einer Durchtrennung der Achillessehne – inwiefern der Fuß danach noch zu gebrauchen war, bleibt fraglich. Quellen zufolge setzte sich Hessing auch mit besonderem Engagement für die Heilung verkrüppelter Kinder ein, eigenen Angaben zufolge, stellte er jedes Jahr eine beachtliche Summe für solche zur Verfügung.
Erbauer des Rothenburger „Wildbads“
1867 gründete Friedrich Hessing seine erste kleine „Heilanstalt“ in Augsburg, bald waren die Kapazitäten nicht mehr ausreichend und bereits 1860 eröffnete eine neue Klinik in Göggingen. Diese wurde fortan ständig erweitert, die Nachfrage war enorm. Weitere Kurstätten betrieb er in Bad Reichenhall, Bad Kissingen, Bad Bocklet sowie in Rothenburg im Wildbad. Der Gebäudekomplex Wildbad, wie man ihn heute vorfindet wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Hessing erbaut, mit dem Ziel, als Heilanstalt und Kurort zu dienen. Aus Kostengründen musste der Betrieb der Einrichtung aber bereits ein Jahr vor Hessings Tod wieder eingestellt werden. Bis heute wechselte das geschichtsträchtige Bauwerk mehrmals den Besitzer.
Gedenk Symposium
Initiator des anstehenden Projektes zum Gedenken an Friedrich Hessing ist der alteingesessene Geslauer Hans Gerhard Christoph. Ehemals in der Pharmabranche tätig, engagiert er sich auch heute stark für das Thema Gesundheit – insbesondere Heilpflanzen und deren Anwendung könnte man als sein Steckenpferd bezeichnen. So war er bereits in diversen Sendungen im Bayerischen Fernsehen zu sehen. Ebenso ist er leidenschaftlicher Historiker und Sammler von medizinischen Geräten aus vergangener Zeit. Nicht nur die räumliche Nähe zu Hessings Geburtsort nennt Christoph als Grund für seinen Einsatz. „Mich beeindruckten schon immer Menschen, die es trotz schlechter Voraussetzungen geschafft haben, etwas in der Welt zu verändern. So auch Hessing, welcher aus ärmlichsten Verhältnissen stammte.“ Christoph betont, wie wichtig Chancengleichheit, auch in der Bildung, sei. Als grundlegend für diese Sichtweise nennt er seine „breite humanistische Bildung, den christlichen Glauben und Überzeugtheit von Demokratie.“ Nach einem „akribischen Studium“ des Lebens von Hessing sei er zum Ergebnis gekommen, dass dieser für dieselben Ziele gekämpft habe wie auch er.
Um der Person Friedrich Hessing zu gedenken, plant er eine Gedenkveranstaltung anlässlich dessen 100. Todestag am 16. März.
Das „Symposium“ findet am 15. März im Rothenburger Wildbad statt. Verschiedene Gastsprecher und eine Ausstellung von orthopädischen Gerätschaften aus der Vergangenheit sorgen für ein spannendes Gesamtpaket. Unterstützt wird das Unterfangen in erster Linie von der Hessingstiftung als Partner. Als besonderes Highlight ist unter anderem ein Vorspiel auf einem original Hessing Harmoneum angedacht. Weiterhin wird das „bayerische Fernsehen“ sowie „Radio 8“ anwesend sein. Der Wunsch des Geslauers ist es, auch unabhängig vom Jubiläum, noch mehr zum Gedenken an Hessing beizutragen. Er beschreibt, wie es oft kein einfaches, sondern vielmehr frustrierendes Unterfangen ist, Mitstreiter in seiner Sache zu finden. Als aufgeschlossenen Verbündeten aus der Region, nennt er ausdrücklich den Buch am Walder Bürgermeister Friedrich Priester. Christoph gibt die Hoffnung nicht auf, dass irgendwann womöglich sogar ein kleines Museum in Hessings Heimatort eingerichtet werden kann.
Text: Amos Krilles
Eckdaten zu Hessings Leben:
19.06.1838 Geburt in Schönbronn
18.04.1852 Konfirmation Kirche (Gastenfelden)
1852 Beginn Gärtnerlehre Schillingsfürst
1853 Beginn Schreinerlehre Firma Pfänder
Bockenfeld lt. Arbeitsbuch
03.11.1858 Orgelbauwerkstatt G.F.Steinmeyer
Oettingen
1860 – 1862 Spezialausbildung Harmoniumbau
in Stuttgart
11.07.1866 lt.Attest Dr.med.Böhm / Gunzenhausen
hat Hessing Mühlenknecht Fußprothese
gefertigt (Oettingen)
1868 Gründung orthopädische Heilanstalt Augsburg
1884 Ankauf des total maroden Wildbad Areals von der
Stadt Rothenburg o.d.T.
1899 Pacht der Staatsbäder Bad Kissingen, Bad Bocklet,
Bad Reichenhall
1903 Wiedereröffnung Kuranlage Wildbad Rothenburg o.d.T.
Investitionen ca. 3 Millionen.
1907 Geschäftsreise nach Wien Unterbindung Sprechstunden
durch steiermärkisches Ärztegremium
Anzeige wegen Kurpfuscherei
1908 Errichtung Hessingdenkmal (Darstellung mit Kindern)
10.Juni 1913 Ernennung zum Ehrenbürger von Rothenburg o.d.T.
1913 Verleihung persönlicher Adel mit eigenem Wappen und
Ernennung zum Ritter
16.03.1918 Tod durch Herzversagen
1918 Errichtung der Hessing Stiftung
Anmeldung:
Interessiert können sich verbindlich per E-Mail an hgchristoph@gmx.de oder telefonisch unter 09867-978181
oder 09867-978192 anmelden.
Außerdem findet am 19. Juni auf Burg Colmberg ein weiteres Orthopädie-Symposium anlässlich Hessing`s 180. Geburtstag statt.
Auch hier wird aufgrund der großen Nachfrage daraufhingewiesen, dass eine baldige Anmeldung unerlässlich ist. Kontakt siehe oben.
Programm zur Veranstaltung: